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Hans-Gorg Maaßen, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz.

© dpa

Geschichte des Verfassungsschutzes: Wenige Alt-Nazis

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat seine Vergangenheit erforschen lassen. Es waren weniger Mitarbeiter belastet als in anderen Institutionen. Doch gab es parallele Strukturen.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat sich wie andere Bundesbehörden seiner Vergangenheit gestellt – und dabei auch Erkenntnisse über jüngere Ereignisse gewonnen. BfV-Präsident Hans-Georg Maaßen zog bei der Vorstellung der Ergebnisse des Geschichtsprojekts am Donnerstag in Berlin Parallelen zwischen dem Aufbau seines Amtes und dem Aufbau der Landesverfassungsschutzbehörden in den neuen Bundesländern. In beiden Fällen habe man nicht auf alte Strukturen aufbauen können, sondern eine klare Abgrenzung von Vorgängerinstitutionen angestrebt. „Das begünstigte einen gewissen Dilettantismus, der teilweise zu Strukturen geführt hat, die etwa im Zusammenhang mit den NSU-Ermittlungen deutlich wurden.“

Drei Jahre Forschung

Drei Jahre lang beleuchteten zwei Wissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum die Geschichte des BfV und richteten ein besonderes Augenmerk auf eine mögliche NS-Vergangenheit seiner Mitarbeiter. Eines der wichtigsten Ergebnisse: Im BfV waren offenbar weniger Alt-Nazis beschäftigt als in anderen Bundesbehörden. Laut verfügbaren Quellen betrug ihr Anteil unter den BfV-Mitarbeitern etwa 13 Prozent, im Vergleich zu rund einem Drittel in vergleichbaren Institutionen. „Die Alliierten wollten einen klaren Bruch. Eine neue Gestapo sollte es nicht geben“, sagt Michael Wala, einer der beiden Forscher. Bis zur Reinigungskraft seien alle Mitarbeiter überprüft worden.

Scheinfirma für freie Mitarbeiter

Doch dies führte gleichzeitig zu dem von Maaßen angesprochenen Dilettantismus, denn es fehlte qualifiziertes Personal. Eher aus der Not heraus, so lassen sich die Erkenntnisse von Wala und seinem Kollegen Constantin Goschler deuten, wurden daher Abwehrspezialisten mit NS-Vergangenheit als freie Mitarbeiter an das Amt gebunden. Dafür wurde sogar eine Scheinfirma geschaffen. Mit der Aufhebung des Besatzungsstatuts 1955 bekamen viele von ihnen dann reguläre Arbeitsverträge.

Veränderte Akzeptanzschwelle

Als das Amt 1963 durch einen Abhörskandal in die Schlagzeilen geriet, wurde das Personaltableau überprüft – und die belasteten Mitarbeiter nach und nach aus dem BfV entfernt. 1972 stürzte auch der damalige Verfassungsschutzpräsident Hubert Schrübbers über seine Vergangenheit. Er hatte als Staatsanwalt an NS-Unrechtsurteilen mitgewirkt. Die gesellschaftliche Einstellung zu NS-Biografien habe sich im Laufe der Jahrzehnte gewandelt, sagte Goschler. „Nur wer Verbrechen begangen oder einer verbrecherischen Organisation angehört hatte, galt zunächst als untragbar. „Diese Akzeptanzschwelle hat sich inzwischen deutlich verändert.“

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