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Politik: Geschichtsökonomie

Foto: Rückeis / Montage: DP HINTER DEN LINDEN Was den Segen der Marktwirtschaft angeht, kann man ja gelegentlich so seine Zweifel kriegen. Doch es gibt Gegenbeweise.

Von Robert Birnbaum

Foto: Rückeis / Montage: DP

HINTER DEN LINDEN

Was den Segen der Marktwirtschaft angeht, kann man ja gelegentlich so seine Zweifel kriegen. Doch es gibt Gegenbeweise. Einer steht in Berchtesgaden – von Berlin ein gutes Stück Wegs, das wir aber allen ans Herz legen, die irgendetwas mit der Zukunft der „Topographie des Terrors“ zu tun haben. In Berchtesgaden erhebt sich diese Topographie in Gestalt des Obersalzbergs. Der war vor Unzeiten ein so genanntes „Führersperrgebiet“, in dem sich die braune Bonzeria ein Alpenidyll bauen ließ. 1945 zerstörten US-Bomber die Kulisse des schönen Scheins. Bis 1995 war das Gelände Erholungsort für GI’s und Wallfahrtsort für Unbelehrbare. Als aber die Amerikaner abzogen und sich das Bayerische Finanzministerium unversehens als Besitzer der historisch kontaminierten Immobilie wiederfand, geschah ein Wunder. Die „Dokumentation Obersalzberg“ ist ein Stahl- und Holzbau an der Stelle, an der Adolf Hitlers „Berghof“ stand, und darin eine ganz und gar einmalige Ausstellung. So knapp und präzise wird nirgendwo die Geschichte des Nationalsozialismus zwischen Faszination und Terror dargestellt. Dazu gibt es das Ganze, um viel Text erweitert, noch mal als Katalog. Der verkauft sich schon wegen des Spottpreises von elf Euro (16 im Buchhandel) derart, dass das Münchner Institut für Zeitgeschichte heute vom Erlös die Neuauflagen finanziert.

Ganz nebenbei aber reguliert die marktwirtschaftliche Konkurrenz auch das Geschichtsbild. Die Wallfahrer sind seltener geworden; das ganze neue Angebot trifft wohl nicht so recht ihre Nachfrage. Und die Nachdrucke der perfiden Postkarten vom netten Onkel Adolf auf der Alm, früher Monopolware am Andenkenkiosk, verkaufen sich auch nicht mehr so gut.

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