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Politik: Gespaltene Kirche

Die Anglikaner streiten über homosexuelle Geistliche

Hinter den Mauern von Lambeth Palace in London versuchen an diesem Mittwoch 37 anglikanische „Primates“, die Einheit ihrer Kirche zu retten. Die Kirchenführer sind aus allen Erdteilen eingeflogen, auch aus Kanada, wo die Diözese New Westminster beschloss, homosexuelle Paare kirchlich einzusegnen. Und aus den USA, wo die liberale Episkopalkirche den schwulen Kanonikus Gene Robinson zum Bischof von New Hampshire bestellte. Wird er am 2. November tatsächlich in sein Amt eingeführt, will die konservative Minderheit der amerikanischen Anglikaner ihre eigene Kirche gründen. „Damit sind die traditionellen Grenzen des Glaubens und der Ordnung überschritten“ argumentiert der Bischof von Pittsburgh, Robert Duncan, und fordert eine Abmahnung der liberalen Brüder.

Der Erzbischof von Canterbury, Rowan Williams, hat den Sondergipfel einberufen. Doch auch wenn ein Kompromiss gelingt – wenige glauben, dass die beiden Kirchenflügel wieder zusammenfinden. Gegeneinander stehen traditionelle Evangelikale, die in den Entwicklungsländern stark sind, und die liberalen Kirchen der Industrienationen.

Im Juni hatte Williams die Spaltung der Kirche noch verhindert. Der Londoner Kanonikus Jeffrey John, der in einer homosexuellen, aber zölibatären Beziehung lebte, sollte Bischof von Reading werden. Umfragen zufolge hätte die Hälfte der englischen Gläubigen nichts dagegen. Doch es gab weltweit Proteste. Schweren Herzens stellte Williams die Einheit der Kirche über seine liberale Gesinnung und überredete John zum „freiwilligen“ Verzicht. Diesmal soll es ähnlich gehen: „Ich glaube nicht, dass sich die Position der Kirche bei der Ordination von Homosexuellen durch die Konferenz ändern wird“, sagte Williams.

Demnach müssen homosexuelle Priester im Zölibat leben. Doch für die Liberalen ist das Heuchelei, erlauben die Anglikaner doch die heterosexuelle Priesterehe. Schwule Priester habe es immer gegeben, argumentiert die „Schwulen- und Lesbenbewegung“ der Anglikaner und fordert eine Kirche, in der Platz für alle ist. Einer dieser schwulen Bischöfe, noch anonym, will in seinen Memoiren auspacken, wenn er im nächsten Jahr in den Ruhestand geht. Sieben der 113 englischen Bischöfe, so seine Zählung, seien schwul oder bisexuell.

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