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Politik: Gesucht: Beistand für die Familie

Nach einer Umfrage der EKD gilt die Kirche vor allem als Dienstleister

Die Gemeinden werden kleiner, Tag für Tag. Zwischen 1992 und 2001 sind mehr als 2,3 Millionen Menschen aus der evangelischen Kirche ausgetreten. Alle zehn Jahre befragt die Evangelische Kirche in Deutschland ihre Mitglieder nach ihren Erwartungen und Überzeugungen. Das überraschende Ergebnis der jüngsten, am Dienstag vorgestellten Studie: Viel hat sich an der Einstellung zur Kirche gar nicht geändert. Mehr als jeder Dritte fühlt sich der Kirche „eng“ oder „ziemlich verbunden“ – genauso viele wie bei der Umfrage vor 30 Jahren. Andererseits sind noch immer sechs Prozent der 1800 Befragten mehr oder weniger entschlossen, aus der Kirche auszutreten. Der Trend wird sich demnach fortsetzen.

Nahezu zwei Drittel aller Kirchenmitglieder kommen – von wenigen Gottesdiensten abgesehen – mit dem kirchlichen Leben überhaupt nicht in Berührung. Aber warum ist jemand dann überhaupt in der Kirche? Nicht einmal jeder Zweite gibt an, der christliche Glaube bedeute ihm etwas. Der meistgenannte Grund zielt auf den konkreten „Nutzen“ der Kirche im eigenen Leben: 50 Prozent sind in der Kirche, weil sie auf kirchliche Trauung und Beerdigung nicht verzichten wollen. Die Kirche wird heute in erster Linie als Dienstleister gesehen. Diese Einstellung spiegelt sich in den Erwartungen der Mitglieder an die Kirche: Sie solle Menschen durch Taufe, Hochzeit und Beerdigung an den Wendepunkten ihres Lebens begleiten (78 Prozent), sich um Menschen in sozialen Notlagen kümmern (77 Prozent) sowie Kranke und Behinderte betreuen (82 Prozent).

Dennoch sehen viele Befragte das Christentum als „Teil der eigenen Kultur“, heißt es in der Studie. Allerdings werden die christlichen Bezüge höchst unterschiedlich ausgelegt. Obwohl die evangelische Kirche aktive Sterbehilfe ablehnt, ist nahezu jeder Zweite dafür – unter Berufung auf die Würde des Menschen. Und für 47 Prozent im Westen und sogar 62 Prozent im Osten ist das Christentum Teil einer „Leitkultur“, auf die sich auch Muslime einstellen müssten. Rund 40 Prozent wollen Lehrerinnen mit Kopftuch auf gar keinen Fall akzeptieren. Andererseits hat fast jeder Fünfte kein Problem mit dem Kopftuch in der Schule. Hier sehen die Autoren der Studie einen gesellschaftlichen Konflikt, der „auch den Kirchen künftig nicht erspart“ bleiben werde.

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