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Politik: Gesucht: der erste Fall

Die Richter sind vereidigt – auf sie warten im neuen Strafgerichtshof bereits jetzt 200 Akten

Von Caroline Fetscher

DAS WELTSTRAFGERICHT NIMMT SEINE ARBEIT AUF

Im Rittersaal des Den Haager Parlaments schworen sie einen feierlichen Eid. Mit den 18 Richterinnen und Richtern hat der Internationale Strafgerichtshof (ICC) ein Gesicht. „Die mächtigste Anti-Kriegs-Institution, die es je gab“, so der neu gewählte vorsitzende Richter Philippe Kirsch, kann bald ihre Arbeit aufnehmen. Die Richter sollen die gravierendsten Straftaten ahnden, die nach dem In-Kraft-Treten des Statuts am 1. Juli 2002 begangen wurden und werden: Kriegsverbrechen, Massenmord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit. „Niemand genießt vor dem ICC Immunität", so steht es im Statut. Kein General, kein Staatschef, kein Minister ist ausgenommen.

Daher braucht das Gericht einen souveränen Chefankläger, betonte UN-Generalsekretär Kofi Annan. Für diese Aufgabe müsse der beste Mann oder die beste Frau gefunden werden – unabhängig von dem bei den UN sonst üblichen Regionalproporz, der auch bei der Auswahl der Richter beeinflusste. Bis Ende des Monats soll ein Kandidat gefunden sein, der dann zwischen 21. und 23. April gewählt werden könnte. Bisher haben alle, auch Milosevic-Anklägerin Carla Del Ponte, dementiert, dass sie das Amt anstreben.

Auch wer der erste Angeklagte sein wird, ist ungewiss. Der erste Prozess muss wasserdicht sein, gewinnbar, international akzeptabel – viele Bedingungen. Er muss auch Gegner des ICC überzeugen können, dass hier reine Gerechtigkeit herrscht und nicht politische Justiz. Gerüchte, dass der erste Fall aus Kolumbien oder dem Kongo kommen könnte, gibt es seit einiger Zeit. Aber Sam Muller, der im Advance Team des Internationalen Strafgerichtshofs arbeitet, kann und darf noch nichts sagen über einen möglichen ersten Fall. Was der Holländer gebetsmühlenhaft wiederholen muss: „Bei uns in den Räumen des Strafgerichtshofes haben sich schon zweihundert Eingaben angesammelt – worum es dabei geht und mit welchen wir uns befassen werden, das kann erst der Chefankläger entscheiden.“

Anders als die Ad-hoc-Tribunale für Jugoslawien und Ruanda will sich der ICC auch für die Rechte der Opfer stark machen. Sie sollen in allen Stadien der Prozesse gehört werden können und beteiligt sein. Kompensation für ihre Leiden und Verluste gehören zu den Zielen der Gerichtsbarkeit am ICC. Deswegen braucht das Gericht in Zukunft auch Psychologen und Trauma-Experten.

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