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Oft entscheiden angehende Ärzte schon in der ersten Ausbildungsphase, wie und wo sie später arbeiten wollen.

© dpa

Gesundheit: Wer hat Schuld am Hausärztemangel?

Universitäten und Kassenarztverband streiten, ob es an der Ausbildung oder den Arbeitsbedingungen liegt. Die gegenseitigen Vorwürfe sind heftig.

Berlin - Zwischen Hochschulmedizinern und Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) ist ein heftiger Streit über die Verantwortung für den Hausärztemangel entbrannt. „Wenn die KBV es nicht schafft, ihren Sicherstellungsauftrag zu erfüllen, sollte sie nicht die Universitätsmedizin als Sündenbock bemühen“, sagte der Generalsekretär des Verbands der Universitätsklinika Deutschlands (VUD), Rüdiger Strehl. Er reagierte damit auf den Vorwurf der Kassenarztfunktionäre, die Universitäten seien schuld daran, dass es immer weniger Allgemeinmediziner gibt.

Bis zum Jahr 2020 sei mit dem Ausscheiden von 48 000 niedergelassenen Ärzten zu rechnen, sagte die stellvertretende KBV-Vorsitzende Regina Feldmann. Gleichzeitig hätten sich von den Jungmedizinern, die 2012 ihre Weiterbildung abschlossen, aber nur 9,4 Prozent für den Hausarzt-Job entschieden. 2005 seien es noch dreimal so viele gewesen. Schuld an dem Desinteresse sei die Ausbildung an den Universitäten, in denen der wachsende Stellenwert ambulanter Medizin „bestenfalls erahnt“ werden könne.

Junge Ärzte träfen die Entscheidung, ob sie später im Krankenhaus oder in der Praxis arbeiten wollen, oft bereits in der ersten Ausbildungsphase, heißt es in einem Positionspapier der KBV. Zu Beginn des Studiums könnten sich noch 40 Prozent der Medizinstudenten vorstellen, später als Hausarzt tätig zu werden. Davon bleibe beim Studienabschluss gerade mal ein Viertel übrig. Die ärztliche Ausbildung sei nicht mehr zeitgemäß, folgerte Feldmann. Sie forderte, dass die ambulante Tätigkeit im Medizinstudium wieder eine stärkere Rolle spielen müsse.

Tatsächlich gibt in ganz Deutschland derzeit nur 18 Professuren für Allgemeinmedizin. Er würde sich davon auch mehr wünschen, sagte Uniklinikfunktionär Strehl dem Tagesspiegel. Das Problem solcher Lehrstühle sei, dass sie den Spagat zwischen wissenschaftlichem Anspruch und Praxisorientierung hinbekommen müssten. Ausschlaggebend für das geringe Interesse am Hausarztberuf seien aber nicht die Angebote an der Universität, sondern die zu erwartenden Arbeitsbedingungen samt Bezahlung. Dafür seien die Kassenärztlichen Vereinigungen zuständig, betonte Strehl. Mit ihrer Kritik am Medizinstudium wollten sie „nur von eigenen Versäumnissen ablenken“.

Der Medizinische Fakultätentag (MFT) wies die KBV-Vorwürfe ebenfalls zurück. Die Funktionäre hätten eigene Zahlen „falsch wiedergegeben und darauf aufbauend die ärztliche Ausbildung in Misskredit gebracht“. Nach einem „Berufsmonitoring“ von KBV und Universität Trier aus dem Jahr 2010 seien 34,9 Prozent der Studierenden noch kurz vor ihrer Weiterbildung bereit gewesen, als Hausarzt mit eigener Praxis tätig zu werden.

Anders als von der KBV dargestellt, erfreue sich das Fach Allgemeinmedizin unter Medizinstudenten „wachsender Beliebtheit“, behauptete MFT-Präsident Hejo Kroemer. Der Landärztemangel habe folglich nichts mit dem Universitätsstudium zu tun, die Probleme lägen „in der Weiterbildung und der realen Situation des Berufslebens“. Hier stünden jedoch die berufsständischen Organisationen in der Pflicht.

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