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Politik: Gesundheitsexperte: Reformen ohne Denkverbote

Berlin. Auf Reformen „ohne Denkverbote“ hat der Vorsitzende des Gesundheits-Sachverständigenrats der Bundesregierung, Friedrich Wilhelm Schwartz, bei der Eröffnung des Hauptstadt-Kongresses „Medizin und Gesundheit“ am Mittwoch in Berlin gedrängt.

Berlin. Auf Reformen „ohne Denkverbote“ hat der Vorsitzende des Gesundheits-Sachverständigenrats der Bundesregierung, Friedrich Wilhelm Schwartz, bei der Eröffnung des Hauptstadt-Kongresses „Medizin und Gesundheit“ am Mittwoch in Berlin gedrängt. Schwartz übte scharfe Kritik am deutschen Gesundheitswesen. Es leiste nicht das, „was es angesichts des finanziellen, technischen und personellen Ressourceneinsatzes leisten könnte“, sagte er.

Konkret beklagte der Experte den „Verlust von Innovationskraft“ durch Überregulierung sowie zu wenig Qualität und Qualitätstransparenz. Schwartz forderte „ergebnis- und qualitätsorientierte Vergütungen“ sowie eine Ausgabenverschiebung vom Pharmasektor hin zu den immer stärker nachgefragten Pflegeleistungen. Auch die vom „Runden Tisch“ angekündigten Ansätze zur Stärkung der Prävention reichten, angesichts der „demographischen Zusatzbelastungen“, keinesfalls aus.

Bei Unions- wie SPD-Politikern stießen die Thesen des Sachverständigen auf Beifall. Insbesondere beim Thema Prävention herrsche ein „hohes Maß an Einigkeit“, sagte der Kongress-Organisator und CDU-Gesundheitsexperte, Ulf Fink. Klare Differenzen gebe es allerdings bei den Fragen, ob man die Versicherungspflichtgrenze anheben sollte und wie viel Eigenverantwortung und Selbstbeteiligung man den Patienten zugestehen müsse. Martin Pfaff (SPD) sprach von „Rollenspielen im Wahlkampf“, bei denen vor allem Unterschiede betont würden. In der Realität gebe es in der Gesundheitspolitik „sehr starke Überschneidungen“.

Als Aufsehen erregend bezeichnete Fink einen Vorstoß der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zum Auftakt des dreitägigen Kongresses. KBV-Vorsitzender Manfred Richter-Reichhelm hatte den Krankenkassen überraschend angeboten, sie an dem seit 1950 bestehenden medizinischen „Sicherstellungsauftrag“ der Ärzte zu beteiligen. Bisher hatten die Ärzteverbände die Zuständigkeit für die flächendeckende Versorgung allein für sich reklamiert. Dies hatte Einzelverträge mit den Kassen verhindert.

Vor dem Tagungsort, dem Berliner ICC, demonstrierten Ärzte und Krankenschwestern für eine „bessere Gesundheitspolitik“. Der Aktionsrat Berliner Ärzte und Psychotherapeuten forderte die Abschaffung des Honorarbudgets. Zu dem Hauptstadt-Kongress werden bis zu 5000 Teilnehmer erwartet. Er ist damit der größte gesundheitspolitische und medizinische Kongress der Bundesrepublik. Rainer Woratschka

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