zum Hauptinhalt

Gesundheitsreform: 12.000 Mediziner bei Demonstration

Rund 12.000 Ärzte haben in Berlin gegen die Gesundheitspolitik der Bundesregierung demonstriert. Die Mediziner befürchten einen massiven Stellenabbau als Folge der Reform.

Berlin - Der Protest der Mediziner richtete sich vor allem gegen die geplante Gesundheitsreform und die damit aus ihrer Sicht drohende Staatsmedizin. Bundesärztekammer-Präsident Jörg-Dietrich Hoppe erklärte, mit der Reform werde kein Problem gelöst, sondern die "Rationierungsschraube" werde immer weiter gedreht. "Wagen Sie mehr Freiheit und stampfen Sie diese Reform ein", appellierte er an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Kritik an den Ärzteprotesten kam von der SPD und der Linkspartei.

Hoppe warf der großen Koalition vor, das Zukunftsmodell einer auf Kapitaldeckung basierenden Krankenversicherung zu demontieren, um den Weg für eine "staatlich kontrollierte Einheitszwangsversicherung" und die Abschaffung der Therapiefreiheit für Patienten und Ärzte freizumachen. Erneut forderte der Ärztepräsident die Abschaffung der Budgets in der ambulanten Versorgung. "Wir Ärzte sind nicht länger bereit, die Unterfinanzierung in der gesetzlichen Krankenversicherung durch unbezahlte Mehrarbeit von mehr als zehn Milliarden Euro pro Jahr zu kompensieren", sagte er vor den versammelten Klinikärzten, niedergelassenen Ärzten und Arzthelferinnen.

Stellenabbau befürchtet

Der Sprecher der Allianz Deutscher Ärzteverbände, Maximilian Zollner, warnte, in der ambulanten Versorgung und bei den niedergelassenen Ärzten stünden "abertausende Stellen auf dem Spiel". Angesicht der seit Jahren stagnierenden Umsätze und gleichzeitig explodierender Kosten gehe es in vielen ärztlichen Praxen ums wirtschaftliche Überleben. Der Kampf gegen die Gesundheitspolitik der großen Koalition habe aber etwas "wirklich Historisches" vollbracht und die Ärzteschaft geschlossener gemacht.

Zu dem mittlerweile vierten nationalen Protesttag der Ärzte unter dem Motto "Freiheit statt Sozialismus" hatten die Vertreter von über 40 Verbänden aufgerufen. Bereits im Januar, März und im Mai hatten die Ärzte mit Demonstrationen und Praxis-Schließungen gegen die Gesundheitspolitik und die Arbeitsbedingungen in Praxen und Kliniken Front gemacht. Die Bundesärztekammer will auf einem außerordentlichen Deutschen Ärztetag am 24. Oktober in Berlin ein weiteres Zeichen gegen die Gesundheitspolitik der großen Koalition setzen.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Carola Reiman, warf den Ärzten "Politikunfähigkeit" vor. Eine konstruktive Auseinandersetzung der Mediziner mit den Eckpunkten zur Gesundheitsreform finde nicht statt, obwohl sich die Reform der vertragsärztlichen Vergütung für die Mehrzahl der niedergelassenen Ärzte auch "finanziell vorteilhaft" auswirke. Stattdessen zielten die Forderungen der Ärzte in erster Linie auf eine pauschale Erhöhung ihrer Einkommen, kritisierte Reimann. Der gesundheitspolitische Sprecher der Linksfraktion, Frank Spieth, nannte die Proteste angesichts der zunehmenden Armut in Deutschland und der notwendigen Umstrukturierungen im Gesundheitssystem "kontraproduktiv". (tso/AFP)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false