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Gesundheitsreform: "Konstruktives" Treffen mit den Verbänden

Trotz knapper Vorbereitungszeit waren die Verbände mit der Anhörung im Bundesgesundheitsministerium zufrieden. Deren Einwände sollen jetzt geprüft werden. Streit gibt es über Zuzahlungen für Krebspatienten.

Berlin - Überschattet vom Boykott zahlreicher Fachverbände hat in Berlin die Anhörung des Bundesgesundheitsministeriums zur geplanten Gesundheitsreform stattgefunden. Die Behörde sprach von einem "sehr konstruktiven" Treffen. Teilnehmer äußerten dagegen Zweifel am Sinn der Veranstaltung. Unterdessen erhitzten Pläne der Koalition für Zuzahlungen von Krebspatienten weiter die Gemüter. Die FDP verurteilte das Vorhaben als "abgrundtief schäbig". Die Deutsche Krebsgesellschaft hingegen begrüßte den Vorstoß.

Maßgebliche Verbände von Kassen, Ärzten und Kliniken blieben der Anhörung wie angekündigt fern. Begründet wurde dies mit mangelnder Vorbereitungszeit, da der rund 550 Seiten lange Gesetzentwurf erst am Donnerstag vorgelegt worden sei.

Von den mehr als 90 eingeladenen Interessenvertretungen hätten 60 bis 70 teilgenommen, sagte der Abteilungsleiter im Gesundheitsministerium, Franz Knieps, nach Ende des fast achtstündigen Treffens. Dieses sei "sehr konstruktiv" verlaufen. Es habe eine "Vielzahl kritischer Stimmen" gegeben. Man werde die Einwände der Verbände nun eingehend prüfen, fügte Knieps hinzu.

Sachliches Gespräch auf Arbeitsebene

Teilnehmer berichteten, nach anfänglicher Kritik von fast allen Verbandsvertretern am Vorgehen des Ministeriums habe sich ein sachliches Gespräch auf Arbeitsebene entwickelt. Ministeriumsvertreter hätten versichert, die vorgetragenen Vorschläge der Verbände zu prüfen. "Man hat nicht den Eindruck, dass sich durch die Kritik irgendetwas verändern wird", sagte der Vizechef des Bundesverbands hausärztlicher Internisten, Ulrich Piltz.

Die Zuzahlungspläne für Krebspatienten werteten Krankenkassen als Beleg für eine unzureichende Vorbereitungszeit für die Anhörung. Die jetzige "Malus-Regelung" sei erst über Nacht in den am Donnerstag vorgelegten Referentenentwurf gelangt, hieß es in Kassenkreisen.

Künftig regelmäßige Krebsvorsorge

Der Generalsekretär der Krebsgesellschaft, Johannes Bruns, überstützte das Ziel der Regierung, mehr Menschen zur Vorsorge zu bewegen. Nur etwa jeder fünfte Mann und jede zweite Frau in Deutschland nutzten bestehende Angebote. Dies sei "alarmierend". Bisher hätten es die Kassen nicht verstanden, ihre Versicherten zur Teilnahme an den wenigen Programmen zur Früherkennung zu bewegen.

Nach dem Willen der Koalition müssen sich Menschen künftig regelmäßig der Krebsvorsorge unterziehen, wenn sie bei einer späteren Krebserkrankung eine Zuzahlungsermäßigung beantragen wollen. Andernfalls gilt der doppelte Zuzahlungssatz von zwei Prozent des Einkommens.

Niebel: "fast Unmenschlich"

FDP-Generalsekretär Dirk Niebel kritisierte, dies gehe "fast ins Unmenschliche". Es könne nicht angehen, dass Patienten, die um ihr Leben fürchten müssen, derart gemaßregelt würden. Die FDP-Fraktion beantragte für Mittwoch eine Aktuelle Stunde im Bundestag. Grünen-Chefin Claudia Roth lehnte die Zuzahlungspläne als "zynisch" ab: "Das ist Privatisierung des Gesundheitsrisikos."

Das Gesundheitsministerium setzte sich zur Wehr. Eine Sprecherin sagte mit Blick auf heftige Kritik von DAK-Chef Herbert Rebscher, dies zeige, wie dringend notwendig es sei, die Kassenchefs dazu zu bringen, sich um die Interessen der Versicherten zu kümmern.

Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach verteidigte die geplante Regelung als "sehr sinnvoll". Niemand werde bestraft, weil er einen Tumor habe, der nicht in einer Vorsorgeuntersuchung erkennbar sei, betonte er. Er erwarte mittelfristig Einsparungen von 1,5 Milliarden Euro jährlich. (tso/ddp)

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