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Gesundheitsreform: Kritik in der Union wird immer lauter

In den unionsregierten Ländern wächst der Widerstand gegen die geplante Gesundheitsreform. Saarlands Ministerpräsident Peter Müller will Neuverhandlungen; auch das Arbeitsministerium lehnt offenbar zentrale Neuerungen ab.

Berlin - Nach der Verschiebung der Gesundheitsreform wird die Kritik aus der Union an den von den Koalitionsspitzen vereinbarten Eckpunkten immer massiver. Nach Informationen der "Financial Times Deutschland" beraten die Unions-regierten Bundesländer an diesem Dienstag in einer Telefonschaltkonferenz mögliche Änderungen der Reform. Laut "Berliner Zeitung" lehnt auch das Bundesarbeitsministerium zentrale Elemente der Reform ab. Dagegen hatten Regierungssprecher Ulrich Wilhelm, sowie die Generalsekretäre von SPD und CDU, Hubertus Heil und Ronald Pofalla, am Montag betont, es bleibe bei dem Eckpunkten.

Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) verlangte neue Verhandlungen mit der SPD über den Gesundheitsfonds. Korrigiert werden müssten die Regelungen für künftige Zuzahlungen gesetzlich Versicherter, die die Kassen ihren Kunden zusätzlich auferlegen können. Mit der SPD war vereinbart worden, diese Grenze bei einem Prozent des Haushaltseinkommens festzulegen. Müller forderte, diese Grenze aufzuheben, weil sie den Wettbewerb einschränke.

Niedersachsen erwartet "Mammutbehörde"

Dies fordert auch die bayerische Sozialministerin Christa Stewens (CSU). Ein Dorn im Auge sind Stewens neben der Ein-Prozent-Grenze für den Zusatzbeitrag auch der geplante krankheitsorientierte Finanzausgleich der Krankenkassen. Stewens befürchtet, dass diese Elemente zu einer weitgehenden Annäherung der Beitragssätze der Krankenkassen und damit zu weniger Wettbewerb führen.

Niedersachsens Gesundheitsministerin Mechthild Ross-Luttmann (CDU) warnte vor einen neuen "Mammutbehörde", sollten anders als bisher nicht mehr die Krankenkassen die Beiträge einziehen. "Die Selbstverwaltung der Kassen funktioniert gut. Daran dürfen wir nicht rütteln", sagt sie. Auch Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) hatte vor einer Ausweitung der Bürokratie gewarnt. Nach Angaben der "Leipziger Volkszeitung" hat die bayerische Staatsregierung ihre Kritik der Reform-Eckpunkte in über 50 Einzelpunkten festgehalten.

Arbeitsministerium geht von neuer Behörde aus

Nach dem Bericht der "Berliner Zeitung" drängt das Bundesarbeitsministerium jedoch darauf, den Beitragseinzug durch eine neue Behörde zu organisieren. Das ergebe sich aus einem Vermerk von Mitarbeitern des Gesundheitsministeriums, schreibt das Blatt. In den Eckpunkten war dagegen vereinbart worden, den Beitrag dezentral auf Länderebene einzuziehen. Nach Ansicht des Arbeitsministeriums bestehe die Gefahr, dass dann die "Synchronisation des Beitragseinzugs" nicht sichergestellt sei.

Auch den geplanten Zusatzbeitrag zieht das Arbeitsministerium dem Bericht zufolge in Zweifel. "Es (das Ministerium) schlägt vor, einen bundesweit einheitlichen Zusatzbeitrag (z.B. 1,5 Prozent) zu erheben", werde in dem Vermerk berichtet. Der Wettbewerbsanreiz solle dann durch die Rückzahlung von Prämien an die Versicherten erreicht werden.

Experten erarbeiten alternatives Modell

Führende Gesundheitsexperten haben unterdessen ein völlig neues Modell für eine Gesundheitsreform vorgelegt. Das Modell mit dem Titel "Alternatives Reformmodell für ein zukunftssicheres und solidarisches Gesundheitssystem" wurde von den Wissenschaftlern Klaus-Dirk Henke (TU Berlin), Jürgen Wasem (Universität Essen), Bernd Hof (International School of Management, Duisburg) und J.-Matthias Graf von der Schulenburg (Universität Hannover) erarbeitet.

Das neue Modell sieht vor, dass die gesamte Bevölkerung in die gesetzliche Krankenversicherung einzahlt. Der Arbeitgeberanteil wird auf sieben Prozent der Arbeitsentgelte festgeschrieben. Geringverdiener bekommen danach 100 Prozent der Gesundheitskosten erstattet. Mit steigenden Einkommen geht die Erstattung schrittweise zurück. (tso/ddp)

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