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Gesundheitsreform: Ulla Schmidt bleibt hart

Gesundheitsministerin Ulla Schmidt will nicht an der Gesundheitsreform rütteln lassen. Ausdrücklich wies die Ministerin die Kritik des bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber zurück.

Berlin - Änderungen im Detail seien immer möglich. "Aber die Ziele der Reform und ihre wesentlichen Inhalte stehen nicht zur Debatte", sagte Schmidt der "Neuen Presse" in Hannover (Dienstagausgabe). Die Bürger in Deutschland erwarteten, dass die Politik eine gute medizinische Versorgung gewährleiste. Stoibers Angaben über zusätzliche Milliarden-Belastungen für den Freistaat seien einfach nicht nachzuvollziehen. Die SPD-Politikerin fügte hinzu: "Derzeit gibt es einen Einnahmen-Ausgleich von 92 Prozent zwischen den Kassen. Künftig werden 100 Prozent ausgeglichen."

Der DGB-Vorsitzende Michael Sommer fordert indes den Stopp der geplanten Reform auf. Sommer sagte in einem ddp-Interview, wenn zum Beispiel Bayern jetzt eine Revisionsklausel für den Gesundheitsfonds verlange, dann könne er nur sagen: "Lasst es doch ganz!" Sommer betonte allerdings, dass die Unions-regierten Länder die Gesundheitsreform aus ganz anderen Gründen als die Gewerkschaften kritisierten - "und zwar aus unsozialen". Deren Ziel sei es, "den Risikostrukturausgleich kaputt zu machen".

Im Streit um die hat SPD-Generalsekretär Hubertus Heil davor gewarnt, die Bürger zu sehr zu strapazieren. Die Menschen hätten kein Verständnis mehr dafür, dass "die Ministerpräsidenten das Theater, das sie im Sommer schon mal angestoßen haben, jetzt zu Weihnachten wieder aufführen", sagte Heil der "Rheinischen Post". Er befürchte, das Ansehen demokratischer Politik insgesamt werde durch das Verhalten der Unions-Ministerpräsidenten in Mitleidenschaft gezogen.

Bei den Experten des Bundesversicherungsamtes hat die Studie des Kieler Instituts für Mikrodatenanalyse über die Verteilungswirkungen des Gesundheitsfonds Unverständnis ausgelöst. "Bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass der Autor der Studie gar nicht die Zusatzbelastungen errechnet hat, die der Fonds und die geplante Erweiterung des Finanzausgleichs zwischen den Krankenkassen Ländern wie Baden-Württemberg bringen würden", sagte der Finanzausgleichsexperte des Amtes, Dirk Göpffahrt, dem "Handelsblatt". Tatsächlich habe dieser die Gesamtbelastung der Länder errechnet. Damit habe er ignoriert, dass es schon heute eine Umverteilung zwischen den Ländern über den 1994 eingeführten Risikostrukturausgleich gebe. Rechne man diese Effekte heraus, relativiere sich das Horrorszenario. Aus 1,61 Milliarden Euro Zusatzlast für Baden-Württemberg würden rund 950 Millionen Euro. Bayern wäre statt mit 1,04 Milliarden nur noch mit 500 Millionen Euro belastet, und die Nachteile für Hessen schrumpften von 700 auf 97 Millionen Euro.

Der Volkswirtschaftler Thomas Drabinski verteidigt dagegen sein umstrittenes Gutachten. "Die Aufregung ist jetzt so groß, weil es bisher noch keinerlei Berechnungen gab", sagte der Leiter des Kieler Instituts der "Passauer Neuen Presse". Bei der Höhe der erwarteten Verluste einzelner Bundsländer ergäben sich Spannbreiten, da er drei Varianten mit Datensätzen aus verschiedenen Quellen berechnet habe. Er habe sich letztlich für eine Variante entschieden, die auf Daten des Bundesversicherungsamtes beruhe. Bayern, Baden-Württemberg und Hessen zählten in allen Modellrechnungen zu den Verlierern. (tso/ddp)

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