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Politik: Gesundheitsreform: Zusatztopf für teure Kranke schon früher?

Die rot-grüne Koalition will einen weiteren Teil der Gesundheitsreform möglicherweise vorziehen. Geplant ist ein Zusatztopf für besonders teure Kranke.

Die rot-grüne Koalition will einen weiteren Teil der Gesundheitsreform möglicherweise vorziehen. Geplant ist ein Zusatztopf für besonders teure Kranke. Dieser sogenannte Risikopool könnte schon im kommenden Jahr eingerichtet werden und nicht erst - wie bisher geplant - im Januar 2003, sagte der Vorsitzende des Bundestags-Gesundheitsausschusses, Klaus Kirschner (SPD). Hintergrund dieser Überlegungen sind die drohenden Beitragserhöhungen bei vielen gesetzlichen Krankenkassen. Durch den Zusatztopf sollen die großen Versorgerkassen entlastet werden, um Beitragserhöhungen zu vermeiden.

Aus der CSU kam am Samstag das Angebot an die Regierung, gemeinsam eine große Gesundheitsreform auf den Weg zu bringen. Ohne Reform sei ein Anstieg auf einen Durchschnittskassenbeitrag von 14 Prozent zu erwarten. Die Bundesärztekammer wehrte sich gegen den Vorwurf, die Mediziner verordneten Medikamente verschwenderisch und seien so mitschuldig am Kostenanstieg.

Der SPD-Experte Kirschner sagte dem Nachrichtenmagazin "Focus", es sei "denkbar, dass man die Einführung eines Risikopools ebenfalls auf das Jahr 2002 vorziehe. Dieser Ausgleichstopf lasse sich "deutlich leichter umsetzen als die Chroniker-Programme", sagte Kirschner. Deren Verwirklichung zum 1. Juli kommenden Jahres hatte Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) bereits angekündigt. Sie bezeichnete den Vorschlag Kirschners als interessant.

Mit dem Risikopool sollen besonders hohe Aufwendungen der Kassen unter anderem für stationäre Versorgung, Arzneimittel und Krankengeld eines einzelnen Versicherten ausgeglichen werden. Übersteigt die Summe in einem Jahr 40 000 Mark (20450 Euro), trägt dann die Solidargemeinschaft der Krankenkassen 60 Prozent der darüberliegenden Kosten. Dadurch soll der Wettbewerbsnachteil gemindert werden, den Kassen mit überdurchschnittlich teuren Versicherten haben.

Der CSU-Gesundheitsexperte und Vizechef der Unionsfraktion im Bundestag, Horst Seehofer, rechnet derweil mit weiter steigenden Beiträgen: "Bis zur Bundestagswahl werden wir einen durchschnittlichen Beitragssatz von 14 Prozent haben, eine Steigerung von 0,5 Prozent gegenüber diesem Jahr", sagte Seehofer der "Magdeburger Volksstimme" (Samstag). Seehofer schlug ein Vier-Punkte-Programm vor, mit dem die Strukturreform des Gesundheitswesens noch vor der Bundestagswahl im Herbst nächsten Jahres in die Wege geleitet werden könnte. Folgende vier Maßnahmen sollten nach Ansicht des CSU-Politikers sofort in die Tat umgesetzt werden: Erstens müssten die Kassen das Recht bekommen, mit einzelnen Ärzten individuelle Honorarverträge abzuschließen. Zweitens müssten die Versicherten selbst über die Höhe ihres Krankenkassenbeitrages und eines eventuellen Selbstbehalts entscheiden können. Drittens müsse die Aus- und Weiterbildung der Ärzte stark verbessert werden, und viertens sollten "Richtgrößen" die starren Budgets ablösen.

Der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, beklagte sich darüber, dass Politiker der Regierungskoalition die Ärzte als Verschwender brandmarkten, ohne die tatsächlichen Ursachen des Ausgabenanstiegs zu kennen. Der "Welt" sagte Hoppe, es gebe - nach Jahren der Budgetierung und schleichenden Rationierung - einen Nachholbedarf, weil innovative Medikamente in den vergangenen Jahren kaum noch hätten verordnet werden können. Das Gesundheitswesen sei nicht mit der Konsumgüterindustrie vergleichbar. Sinkende Preise durch technischen Fortschritt seien daher nicht selbstverständlich. Qualität habe ihren Preis.

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