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Ein Arzt misst den Blutdruck einer Patientin.

© dpa

Gesundheitsreport: Mehr Krankschreibungen im Osten

In Brandenburg werden Arbeitnehmer am häufigsten krank geschrieben, in Baden-Württemberg am seltensten. Das liegt am Alter der Beschäftigten, aber auch an Einkommen und Erwerbsstruktur.

Im Osten Deutschlands sind die Arbeitnehmer weit öfter krank geschrieben als im Rest der Republik. Und Brandenburg liegt mit 21,9 Fehltagen pro Versichertem einsam an der Spitze. Das ist ein Ergebnis des Gesundheitsreports der Betriebskrankenkassen (BKK), der am Dienstag in Berlin präsentiert wurde.

Die geringsten Ausfallzeiten hatten im vergangenen Jahr Baden-Württemberg (15,4 Tage) und Bayern (16,3 Tage). In Berlin kamen die Beschäftigten auf 19,9 Fehltage. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 17,6 Tagen, das entspricht einem Krankenstand von 4,8 Prozent.

Je älter die Beschäftigten, desto länger sind sie krank

Über die Gründe für die doch recht deutlichen Unterschiede rätseln die Experten. Klar sei die Korrelation zwischen dem Gesundheitszustand und dem Alter der Beschäftigten, sagt Verbandschef Franz Knieps. Auch Erwerbsstruktur, Einkommen und Arbeitslosenquote spielten eine Rolle. In den süddeutschen Ländern gebe es jedenfalls die jüngsten Versicherten und die geringste Arbeitslosigkeit.

Problematischer wird es beim Zusammenhang zwischen ärztlichen Versorgungsstrukturen und Krankheitshäufigkeit. Auffällig ist, dass in Regionen mit besonders vielen Ärzten weniger Krankmeldungen registriert werden als in schlechter versorgten Gegenden. Man kann das so deuten, dass die wohl versorgten Patienten seltener krank werden. Wahrscheinlicher ist aber eher anderes: Dass sich Mediziner lieber in Wohnlagen mit besseren Lebensverhältnissen ansiedeln, wo sie weniger benötigt werden. So befindet sich, dem Report zufolge, knapp ein Drittel der Kinderarztpraxen in Großstädten, obwohl dort nur ein Viertel aller Kinder lebt.

Wo der größte Bedarf ist, sind die wenigsten Ärzte

Ähnlich ist es bei den Augenärzten, von denen auch nur ein Viertel in ländlichen Gegenden praktiziert. „Die Bedarfsplanung plant am Bedarf vorbei“, resümiert der Wissenschaftler Uwe Schwenk von der Bertelsmann Stiftung. Und es stehe zu befürchten, dass sich das Missverhältnis noch weiter verschärft.

Die regionalen Unterschiede seien ein „klarer Aufruf an die Politik, etwas zu tun“, meint der Medizinsoziologe und Mitherausgeber des Reports, Holger Pfaff. Das Grundgesetz garantiere gleiche Lebensverhältnisse, und es dürfe nicht sein, dass das Krankheitsrisiko davon abhängig sei, wo man in Deutschland lebe und arbeite. Nötig seien mehr Prävention, eine bessere Versorgungssteuerung und ein intensiverer „Lernaustausch“ zwischen den Regionen.

Fehltage wegen psychischer Störungen haben sich verfünffacht

Beunruhigt äußerten sich die Autoren zudem über die starke Zunahme psychischer Störungen. Die Zahl der dadurch verursachten Fehltage habe sich seit 1976 mehr als verfünffacht. Auf die meisten kam im vergangenen Jahr Schleswig-Holstein, die wenigsten hatte Baden-Württemberg. Auffällig sind Hamburg und Berlin, die bei „depressiven Episoden“ an vorderster Stelle, bei anderen Diagnosen aber unter dem Schnitt liegen.

Auch insgesamt nehmen die Fehlzeiten kontinuierlich zu. Innerhalb von sieben Jahren betrug der Anstieg gut fünf Tage – und gegenüber 2012 waren es wieder satte 7,3 Prozent. Diesmal freilich war ein guter Teil des Anstieg der Grippewelle zum Jahresbeginn 2013 geschuldet. In den ersten vier Monaten 2014 ging der Krankenstand denn auch entsprechend zurück. Generell sei die Zunahme auf die immer höhere Quote langwieriger und chronischer Erkrankungen zurückzuführen, hieß es.

Die meisten Krankentage verursachen übrigens Muskel-Skelett-Erkrankungen, ein Viertel aller krank Geschriebenen blieb mit dieser Diagnose zuhause. Es folgen Atemwegserkrankungen (16 Prozent) und psychische Störungen (15 Prozent) – die mit 38 Tagen pro Fall am längsten dauerten. Sie toppen damit sogar noch Tumorerkrankungen, die mit 35 Tagen zu Buche schlugen. Im Schnitt dauerte eine Fehlzeit im vergangenen Jahr 12,7 Tage. Zugrunde liegen der Studie die Daten von 9,3 Millionen Versicherten.

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