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Gesundheitswesen: Krankenversicherungen könnten teurer werden

Die Spitzen der Koalition beraten über das Gesundheitswesen – sicher ist wohl nur: Es wird für die Versicherten teurer.

Berlin - Es ist ja nicht so, dass sie im Gesundheitsministerium nicht taktieren. Der Zeitpunkt zum Beispiel, um die neuen schlimmen Zahlen der Krankenkassen bekanntzugeben, konnte nicht besser gewählt sein. Nach den Querelen der Vergangenheit befassten sich am Donnerstag die Partei- und Fraktionsspitzen im Kanzleramt höchstselbst mit Spar- und Zusatzeinnahme-Ideen für die gesetzlichen Kassen. Und just am Tag zuvor verbreitete das Ministerium, dass die schon im ersten Quartal fast alle Überschüsse verbraten haben und ohne zusätzlichen Steuerzuschuss längst im Minus stecken würden.

Das Signal ist offenkundig: Auch im Ministerium werden sie ungeduldig, die Regierenden sollen endlich zu Potte kommen. Erst wurde die NRW-Wahl abgewartet, dann kassierte die CSU rüde ein fertiges Konzept von Minister Philipp Rösler (FDP), schließlich musste das riskante Zusammenraufen noch hinter die Bundespräsidentenwahl rutschen – so geht’s nicht weiter und nicht mehr lange gut. Bis zur Parlamentspause, die Ende nächster Woche beginnt, brauchen die Kassen verlässliche Zahlen für ihre Haushaltspläne. Angesichts des drohenden Rekorddefizits von elf Milliarden Euro im Jahr 2011 müssen sie wissen, woran sie sind. Außerdem: Die Kanzlerin hat es ihnen versprochen.

Terminlich immerhin stehen die Zeichen nun auf Einigung. Am Donnerstag widmeten sich die Chefs der Materie, danach wieder bis in die Nacht die Fraktionsexperten, Freitagmorgen gibt es eine weitere Runde im Kanzleramt. Wenn die Spitzen der Koalition derart viel Zeit investieren, können sie schwerlich wieder ergebnislos auseinandergehen. Der gesundheitspolitische Querulant Horst Seehofer gab zwar zu bedenken, dass noch sein Präsidium zustimmen müsse, aber das ließe sich auch am Freitag auf die Schnelle zusammentrommeln. Und am Samstag könnte eine entspannte Angela Merkel zum Fußballgucken nach Südafrika fliegen.

Soweit die Strategie. Inhaltlich jedoch sind sich die Kontrahenten, obwohl sie inzwischen auf Unflätigkeiten verzichten, kaum näher gekommen. CSU-Chef Seehofer denkt nicht daran, eine Gesundheitspauschale, und sei sie noch so klitzeklein, mitzutragen. Er will einkommensabhängige Zusatzbeiträge. Ein Konzept, das bei der Bemessung zumindest nach zwei Einkommensgruppen unterscheidet, liegt den Verhandlern auch vor. Entworfen hat es angeblich der Staatssekretär im Familienministerium und frühere Chef des Bundesversicherungsamtes, Josef Hecken (CDU), der auch mal Bundesgesundheitsminister werden wollte. Danach soll die Höchstgrenze der Zusatzbeiträge für alle mit bis zu 1400 Euro Monatseinkommen bei einem Prozent bleiben. Wer mehr verdient, soll aber, schrittweise nach Einkommen, bis zu 2,5 Prozent bezahlen. Für die Mittelschicht stiege der maximale Zusatzbeitrag folglich von 37,50 auf 93,75 Euro.

Die FDP und ihr Minister halten davon wenig. Kein Wettbewerbssignal, kein echtes Umsteuern. „Dann kann man gleich den allgemeinen Beitragssatz erhöhen“, heißt es. Was nicht ganz richtig ist, da die Arbeitgeber nur bei Zusatzbeiträgen geschont bleiben. Aber der Tenor lautet: Gesichtswahrung. Schließlich wollte Rösler ganz anderes: den Einstieg in ein einkommensunabhängiges Prämiensystem.

Gut möglich also, dass man sich vorerst mit bloßem Sparen begnügt. Gut vier Milliarden Euro sollen zusammenkommen, wie ist offen. Zur Debatte stehen: geringere Ausgaben für Ärzte, Kliniken, Apotheker, eine Nullrunde für die Kassenverwaltungen, mehr Praxisgebühr und die Abkehr von teuren Hausarztverträgen. Wichtig ist der Koalition bei alledem die Botschaft, dass auch Leistungserbringer belastet werden. Ein bisschen zumindest und, um Stress zu vermeiden, möglichst gleichmäßig. Ob das klappt, ist eine andere Frage. Eine Nullrunde für Praxisärzte hat die CSU bereits abgelehnt.

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