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Getöteter Top-Terrorist: Irak für die US-Armee trotzdem nicht sicherer

Der Verlust ihres Anführers Abu Mussab al Sarkawi ist durchaus ein Rückschlag für die Al-Qaida-Terroristen. Die Saat der Gewalt zwischen Schiiten und Sunniten im Irak ist jedoch längst schon aufgegangen.

Ramadi/Falludscha/Kairo - «Der Tod von Abu Mussab al Sarkawi bedeutet nicht das Ende der Gewalt im Irak». Wie ein Mantra wiederholen Politiker in Bagdad, Washington, London und anderswo immer wieder diesen Satz, um falsche Hoffnungen gleich im Keim zu ersticken. Der Hass, den auch Al Sarkawi und seine Schergen gesät haben, ist allgegenwärtig. Schon jetzt ist die Zahl der Iraker, die von Angehörigen der jeweils anderen Religionsgruppe ermordet werden, höher, als die Zahl der Toten durch Anschläge militanter Islamistengruppen.

Auch die Zahl der US-Soldaten, die jeden Monat im Irak stirbt, wird durch den Tod des meistgesuchten Terroristen des Irak wohl nicht niedriger werden. Denn nach Informationen von Beobachtern vor Ort richten sich die Angriffe seiner Gruppe «Al Qaida im Zweistromland» in erster Linie gegen irakische Ziele und nicht gegen die US-Armee. Die täglichen Angriffe auf ihre Patrouillen mit Sprengsätzen «Marke Eigenbau» gehen hauptsächlich auf das Konto irakischer Gruppen, von denen einige unter dem Regime von Saddam Hussein in der Armee, im Geheimdienst oder der Polizei gedient hatten.

Bisher sieht es nicht danach aus, als würden die Iraker als Reaktion auf die Tötung des Terroristenanführers von einer großen Serie von Terroranschlägen heimgesucht. «Ich hoffe, dass die Sicherheitslage jetzt, wo Abu Mussab al Sarkawi tot ist, besser wird», erklärt der sunnitische Religionsgelehrte Tarek Rami (50) aus der Unruheprovinz Anbar, die für Al Sarkawi und seine Anhängern nach der US-Invasion für lange Zeit Unterschlupf und Rekrutierungsbasis gewesen war. Rami hofft, dass sich auch das Verhältnis zwischen den Irakern und der amerikanischen «Besatzungsmacht» durch den Tod des Jordaniers positiv entwickeln wird. «Denn die Amerikaner haben Al Sarkawi in der Vergangenheit oft als Vorwand für Angriffe benutzt.»

Doch der Religionsgelehrte vertritt nicht unbedingt die Meinung der Mehrheit in der Anbar-Provinz. Hier, im Kernland des sunnitischen Aufstandes, wo täglich Sprengsätze neben US-Patrouillen explodieren, sind viele Menschen traurig über die Nachricht vom Tod Al Sarkawis. «Ein großer Verlust für die arabisch-islamische Nation, ich glaube nicht, dass es einen Zweiten geben wird, der so ist wie er», meint der Lehrer Ahmed Jassin (30). Über die unschuldigen Zivilisten, die Al Sarkawis fanatische Anhänger auf Märkten oder bei den religiösen Festen der Schiiten in den Tod geschickt haben, verliert er genauso wenig eine Silbe wie die Islamisten in Sarka, der jordanischen Heimatstadt des Getöteten. Einige von ihnen schämen sich nicht, vor arabischen Journalisten vom «Märtyrertod» Al Sarkawis zu sprechen. (tso/dpa)

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