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Gewalt nach Demonstration: DGB kritisiert Polizei nach Nazi-Überfall

Er hatte gegen den Aufmarsch von Rechtsradikalen in Dresden demonstriert, auf dem Rückweg wurde der Gewerkschafter verprügelt. Der Gewerkschaftsbund kritisiert die Polizei nun scharf. Einige der Verdächtigen waren dem Verfassungsschutz bekannt. Die rechtsradikale Partei NPD hatte den Bus der mutmaßlichen Täter organisiert.

Drei Tage nach dem Überfall von Rechtsradikalen auf Gewerkschafter in der Nähe von Jena hat der DGB die zuständigen Innenministerien scharf kritisiert. Der Vorsitzende des DGB Hessen-Thüringen, Stefan Körzell, sprach am Dienstag von einer "krassen Fehleinschätzung" der Situation durch die thüringische Polizei. Der bei dem Übergriff auf einem Autobahnrastplatz schwer verletzte nordhessische Gewerkschafter überstand eine nötige Kopfoperation am Montag nach DGB-Angaben unterdessen gut.

"Jedes Fußballspiel besser geschützt"

Jedes Fußballspiel, jedes Radrennen werde besser geschützt als Menschen, die ihr verfassungsrechtlich verbrieftes Grundrecht auf Demonstration wahrnehmen würden, sagte Körzell. Er warf die Frage auf, weshalb die Polizei es bereits in Dresden für überflüssig hielt, die Abfahrt der Busse zu überwachen. Es sei bekannt, dass Rechtsextreme es auf ein Zusammentreffen mit Gewerkschaftern anlegen würden.

Der schwer verletzte nordhessische Gewerkschafter hat die Kopfoperation gut überstanden. "Er ist ansprechbar und konnte bereits telefonisch ganz kurz ein paar Worte mit seiner Familie wechseln", teilte der nordhessische DGB-Regionsvorsitzende Michael Rudolph am Dienstag in Kassel mit. Der Mann Mitte 40 befand sich am Samstag mit anderen Gewerkschaftern auf der Rückfahrt von einer Gegendemonstration gegen den Aufmarsch von Rechtsradikalen in Dresden und hatte bei dem Überfall an der Rastanlage Teufelstal an der Autobahn 4 einen Schädelbruch erlitten.

Der Mann wurde von Rechtsradikalen aus dem Bus gezerrt

Einige der Rechtsradikalen hatten die Gewerkschafter vor dem Übergriff zunächst beschimpft und zumindest einen der zwei parkenden Busse mit Gegenständen beworfen. Den meisten Mitgliedern der etwa 80-köpfigen Gruppe der Gegendemonstranten gelang es, sich in die Fahrzeuge zu retten. Der Mann aus dem Schwalm-Eder-Kreis sei von den Nazis jedoch aus einer halb geöffneten Tür gezerrt, getreten und geschlagen worden.

Die Nazis waren - wie die Gegendemonstranten aus Nordhessen - per Bus mit insgesamt 41 Insassen im Alter von 14 bis 53 Jahren aus dem Saarland, Hessen, Rheinland-Pfalz und aus Schweden unterwegs. Gegen alle wird wegen des Verdachts auf schweren Landfriedensbruch und gefährliche Körperverletzung ermittelt, die drei schwedischen Nazis werden bundesweit per Haftbefehl gesucht. 13 der 41 Rechtsradikalen stammen nach Angaben der zuständigen Staatsanwaltschaft Gera aus Hessen.

Aus dem Saarland stammen zwölf der tatverdächtigen Rechtsextremisten, sagte der Direktor des saarländischen Verfassungsschutzes, Helmut Albert. Sechs davon seien Mitglieder der NPD, drei wegen rechtsextremistischer Straftaten vorbestraft. Insgesamt seien dem Verfassungsschutz neun der zwölf Tatverdächtigen bekannt.

Sechs der Neonazis kommen aus Rheinland-Pfalz, bestätigte der Sprecher des Innenministeriums, Eric Schaefer, auf Anfrage. Drei davon seien wegen einschlägiger Delikte polizeibekannt.

NPD hatte den Bus der Rechtsradikalen organisiert

Unterdessen wurde bekannt, dass der Bus, in dem die Schläger unterwegs waren, von der NPD organisiert worden war. Aus einem der Nachrichtenagentur ddp vorliegenden internen Rundschreiben der Partei vom 5. Januar geht hervor, dass der Bus vom Kreisverband Westpfalz in Zusammenarbeit mit dem Landesverband Saarland gechartert wurde. Der Bus fuhr dem Schreiben zufolge von Pirmasens über Zweibrücken, Homburg, Kaiserslautern und Ludwigshafen.

Zum Jahrestag der Bombardierung im Februar 1945 hatten am vergangenen Samstag in Dresden Tausende Menschen gegen die Vereinnahmung des Gedenkens durch Rechtsextremisten demonstriert. Etwa 6000 Neonazis waren nach Polizeiangaben durch die sächsische Landeshauptstadt gezogen.

Caroline Wadenka[ddp]

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