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Kenia

© dpa

Gewaltwelle: Kenia am Rande des Bürgerkriegs

Einen Tag nach dem umstrittenen Wahlsieg von Präsident Mwai Kibaki in Kenia versinkt das Land zunehmend in Gewalt. Bei den Ausschreitungen wurden vermutlich mehr als hundert Menschen getötet.

Nach Angaben des Roten Kreuzes kamen seit der Wahl mindestens 54 Menschen bei Unruhen ums Leben. Die tatsächliche Zahl der Opfer der Ausschreitungen könnte jedoch wesentlich höher liegen. Der Fernsehsender KTN berichtete von 124 Toten. "Viele Orte sind unerreichbar für uns", sagte Abbas Gullet, Leiter des Roten Kreuzes in dem ostafrikanischen Land, angesichts der angespannten Sicherheitslage vor allem in den Slumgebieten von Nairobi. Mindestens 315 Menschen seien verletzt worden.

Die Wahlkommission hatte Kibaki am Sonntagabend, drei Tage nach den Wahlen, zum Wahlsieger erklärt. Etliche Ungereimtheiten bei der Auszählung konnten zu diesem Zeitpunkt noch nicht aufgeklärt werden. Oppositionskandidat Raila Odinga, der nach Angaben der Wahlkommission um 230.000 Stimmen hinter Kibaki zurücklag, stellte das Wahlergebnis in Frage. "Ich erkenne Mwai Kibaki nicht als Präsident an", sagte er der Zeitung "The Nation". Kibaki könne nur mit Unterstützung des Militärs auf Machterhalt hoffen.

Seine Orangene Demokratiebewegung ODM wollte Odinga am Montag als "Präsidenten des Volkes" in einem Park der Hauptstadt Nairobi feiern. Die Polizei verbot die Kundgebung jedoch. Schwer bewaffnete Polizisten verhinderten den Vormarsch von Demonstranten in die Innenstadt von Nairobi, es kam zu Zusammenstößen. Das Stadtzentrum glich einer Geisterstadt, die meisten Geschäfte waren geschlossen.

Polizei feuerte in die Menge

Der Rundfunksender BBC berichtete von vollen Leichenhäusern in Kisumu, der größten Stadt in Odingas Heimatregion Nyanza. Die meisten Toten wiesen Schusswunden auf, berichtete ein Reporter. Es handele sich überwiegend um junge Männer. Aber auch zwei Frauen und drei Kinder seien unter den mindestens 43 Toten in Kisumu. Augenzeugenberichten zufolge hatte die Polizei in die Menge demonstrierender Odinga-Anhänger gefeuert. Die Polizeipräsidentin von Kisumu sagte der BBC, ihr sei nichts über Todesopfer bekannt.

Die Sicherheitsbehörden haben eine Nachrichtensperre verhängt. Rundfunk und Fernsehen dürfen seit Sonntagabend nicht live über die Ereignisse berichten. EU-Wahlbeobachter bezweifeln, dass die am Sonntagabend bekanntgegebenen Wahlergebnisse korrekt sind. Auch die US-Regierung, die zunächst von korrekten Wahlen gesprochen hatte, äußerte in einer von der Botschaft in Nairobi veröffentlichten Stellungnahme Besorgnis über Unstimmigkeiten bei der Wahl.

Auswärtiges Amt: Reisen verschieben

Die ethnische Gewalt in Kenia richtete sich vor allem gegen Kikuyu, Mitglieder der Volksgruppe von Kibaki. Odinga gehört dem Volk der Luo an. Die meisten bisherigen Präsidenten Kenias gehörten der Volksgruppe der Kikuyu an. Vor allem im Westen des Landes suchten zahlreiche Kikuyu auf Polizeirevieren Schutz vor Angriffen durch wütende Luo.

Die Unruhen wirken sich auch auf Touristen in Kenia aus: Führende deutsche Reiseveranstalter haben bis auf weiteres einige Ausflüge gestrichen. Das Auswärtige Amt empfahl Kenia-Reisenden, sich angesichts der Unruhen nach den Präsidentschaftswahlen nicht in der Nähe von Menschenansammlungen und politischen Kundgebungen aufzuhalten. "Wer auf Nummer sicher gehen möchte, könnte über eine Verschiebung des Reisevorhabens um einige Tage nachdenken", heißt es in den Empfehlungen. (küs/dpa)

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