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Gewerkschaften: Müntefering auf Schmusekurs

Trotz harscher Kritik an der SPD sieht Vizekanzler Franz Müntefering seine Partei "im Schulterschluss" mit den Gewerkschaften. Die Linke ist der einzig wahre Partner der Arbeitnehmervertreter, sagt dagegen Oskar Lafontaine.

Berlin - Linksfraktions-Chef Oskar Lafontaine betonte, er strebe eine Annäherung an die Arbeitnehmervertreter an. Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) sagte, seine Partei wolle zusammen mit den Gewerkschaften "für das Land gute Politik machen".

Müntefering verteidigte zugleich die umstrittenen Reformbeschlüsse der SPD. Der Vizekanzler betonte: "Wer gesellschaftlichen Fortschritt will, der muss jetzt daran gehen, sich auf die Zukunftsfähigkeit des Landes einzustellen." Die Gewerkschaften müssten auf diesem Weg "dringend mitkommen". Müntefering fügte hinzu, die SPD habe sich in der großen Koalition unter anderem für den Erhalt des Kündigungsschutzes eingesetzt. Insgesamt gebe es eine ganze Reihe von Dingen, wo die Sozialdemokraten und die Gewerkschaften "im Schulterschluss" seien.

Lafontaine entgegnete: "Die politischen Forderungen der Gewerkschaften decken sich mit denen der Linkspartei, stehen aber im krassen Gegensatz zur SPD." Der frühere SPD-Chef verwies darauf, dass der 1. Mai in diesem Jahr mit dem Beginn der Warnstreiks der Metaller und bei der Telekom zusammenfalle. Lafontaine betonte: "Die Kampfbereitschaft gegen Lohnkürzungen wächst - und vor diesem Hintergrund erkennen immer mehr Gewerkschaftsmitglieder, dass die Linke die einzige politische Kraft im Bundestag ist, die ihre Ziele vertritt." Denn alle anderen Parteien träten für Renten-, Lohn-, und Sozialkürzungen ein.

Wiesehügel bestärkt Kritik

Auch der IG-Bau-Vorsitzende Klaus Wiesehügel kritisierte die "Politik des Sozialabbaus" der großen Koalition. Er betonte zugleich mit Blick auf eine mögliche Annäherung zwischen Gewerkschaftern und der Linkspartei: "Dass einige mit denen flirten, mag wohl sein. Die Vorsitzenden der Einzel-Gewerkschaften tun dies nicht." Die meisten seien Mitglieder der SPD und wollten das auch bleiben. Wiesehügel zufolge gibt es allerdings bei den Gewerkschaften "gewisse Überlegungen" über mögliche Alternativen zur großen Koalition. Man müsse "sehen, wie diese linke Partei sich entwickelt".

Die DGB-Kundgebungen zum 1. Mai stehen unter dem Motto: "Du hast mehr verdient! Mehr Respekt. Soziale Sicherheit. Gute Arbeit." Im Mittelpunkt der Reden wird voraussichtlich auch die Debatte über Mindestlöhne stehen. In dem DGB-Aufruf zum Tag der Arbeit heißt es unter anderem: "Die Löhne und Gehälter müssen spürbar steigen."

Die zentrale Kundgebung ist in diesem Jahr in Gelsenkirchen. Hier wird DGB-Chef Michael Sommer eine Rede halten. Zu anderen Kundgebungen wurden trotz der Gewerkschaftskritik etwa an der Rente mit 67 auch prominente SPD-Politiker eingeladen. So spricht Müntefering im nordrhein-westfälischen Ibbenbüren. Der SPD-Vorsitzende Kurt Beck tritt im rheinland-pfälzischen Wörth auf. Dagegen waren vom bayerischen DGB vier SPD-Bundestagsabgeordnete als Hauptredner ausgeladen worden. Lafontaine soll in Zwickau sprechen. (Von Jörg Säuberlich, ddp)

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