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Politik: „Gewisse Leute leben gefährlich“

Israels Regierung will erst aus den Medien vom Tod des Hamas-Führers Chalil gehört haben

Offiziell will Israel nichts mit der Ermordung des Hamas-Funktionärs Issedine Sobhi Scheich Chalil im syrischen Damaskus zu tun haben. Man habe aus den Medien von dessen Liquidierung erfahren, lautet die offizielle Stellungnahme zu Meldungen, wonach den Kommandanten des militärischen Hamas-Flügels eine von israelischen Agenten gezündete Autobombe getötet hat. Jedoch zitierten israelische Medien Sicherheitskreise mit den Worten: „Gewisse Leute leben eben gefährlich.“ Später berichtete der TV-Sende „Kanal Zwei“, Sicherheitskreise hätten bestätigt, dass Israel für den Anschlag verantwortlich ist. Die israelische Regierung hatte vor kurzem die Hamas-Führung in Damaskus für Terrorakte verantwortlich gemacht und mit Vergeltungsschlägen in Syrien gedroht.

Jassir Arafats Berater Nabil Abu Rudeninah nannte die Tötung den „Beginn einer gefährlichen Entwicklung, die negative Auswirkungen auf alle Seiten haben wird“. Ein Hamassprecher in Gaza sprach von einem „feigen Verbrechen des zionistischen Mossad“. Die Hamas in Damaskus drohte mit Angriffen gegen israelische Ziele im Ausland. Nach israelischen Geheimdienstinformationen war Chalil das Verbindungsglied zwischen Hamas und der an Einfluss in den palästinensischen Gebieten gewinnenden Hisbollah. Kurz vor seinem Tod hatte die Zeitung „Al Hayat“ berichtet, Israel habe von einem arabischen Geheimdienst wertvolle Informationen über Hamas, ihre Infrastruktur und Anführer sowie deren Aufenthaltsorte im Ausland erhalten. Chalil gehörte zur Gründergeneration der Hamas, 1992 wurde der aus Gaza stammende Mann zusammen mit etwa 400 weiteren Palästinensern von Israel ausgewiesen. Der 42-Jährige blieb zunächst im Südlibanon und schloss sich dann in Syrien der Exil-Hamas an.Tel Aviv wirft Damaskus seit langem die Unterstützung der militanten Organisation vor, weil es Hamas-Mitglieder beherbergt.

Beobachter halten es jedoch für eher unwahrscheinlich, dass Syrien derzeit eine Verwicklung in Terroranschläge in Israel riskiert, da das Land unter starkem internationalen Druck steht. Die Aufmerksamkeit hatte sich verstärkt auf Syrien gerichtet, nachdem Damaskus im Nachbarland Libanon Anfang des Monats eine Verfassungsänderung hatte durchsetzen können, die dem syrienfreundlichen Präsidenten Emile Lahud eine weitere Amtszeit ermöglicht. Der UN-Sicherheitsrat hatte daraufhin eine Resolution verabschiedet, die jede politische Einmischung in Libanon untersagt und den Abzug ausländischer Milizen fordert. Damit war Syrien gemeint, das dort noch etwa 18 000 Soldaten stationiert hat. In der vergangenen Woche machte Damaskus eine Geste des guten Willens und begann mit dem Abzug kleinerer Truppenkontingente. Außerdem kooperiert Damaskus derzeit mit einem US-Expertenteam, um die Grenze zum Irak undurchlässiger zu machen.

Syrien selbst bestreitet, Anschläge in Israel zu unterstützen. Aber es hat viele Hamasmitglieder aufgenommen, die als Widerstandskämpfer eingestuft werden. Darunter den derzeitigen Führer der Organisation, Chalid Meschaal. Schon im September 1997 hatten mit falschen Pässen ausgestattete israelische Agenten versucht, Meschaal im jordanischen Amman zu vergiften. Später wurde Meschaal aus Jordanien ausgewiesen. Unter starkem Druck der USA hat Syrien nun formal die Büros militanter Palästinenserorganisationen geschlossen, aber niemanden ausgewiesen. Dennoch scheint sich Meschaal nur noch selten in Damaskus aufzuhalten, um die syrische Regierung nicht in Verlegenheit zu bringen. Er soll sich in Libanon und den Golfstaaten aufhalten.

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