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Politik: Gibt es ein zweites Verfahren gegen Ackermann?

Die Anklage im Mannesmann-Prozess gibt sich nicht geschlagen. Die Düsseldorfer hoffen, dass Karlsruhe die Urteile kippt

Der Mann hätte schweigen können. Er hätte dann schlicht bestätigt, dass die exakt 101 Seiten umfassende Revisionsbegründung jetzt zusammen mit 49 Bänden und 86 Stehordnern auf dem Weg nach Karlruhe ist und man das weitere Verfahren gelassen abwarte. Als der Sprecher der Düsseldorfer Generalstaatsanwaltschaft, Heiko Manteuffel, jetzt aber gefragt wurde, wie seine Behörde mit dem Schriftsatz umgeht, den die Kollegen der Düsseldorfer Anklagebehörde zusammengetragen haben, war er voll des Lobes: Deren Arbeit sei so gut, dass man in seinem Hause nicht eine Silbe hinzugefügt habe. Ganz im Gegenteil, man hat sich „in der rechtlichen Bewertung vollinhaltlich angeschlossen“, freute sich Manteuffel und schob noch hinterher, dass er nicht den geringsten Zweifel hege, in Karlsruhe zu obsiegen.

Rein formal werden die Akten jetzt noch einmal vom Generalbundesanwalt geprüft, aber dass der oberste Ankläger der Republik die Revision der Düsseldorfer Ankläger im Mannesmann-Verfahren verwerfen könnte, hält man nicht nur in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt für ausgeschlossen. Damit gilt als ausgemacht, dass die Freisprüche des Düsseldorfer Landgerichtes gegen die Angeklagten im Mannesmann-Prozess spätestens zum Osterfest des kommenden Jahres auf den juristischen Prüfstand kommen. Sollten die obersten Richter zu dem Schluss kommen, dass die gewagte Konstruktion des Düsseldorfer Landgerichtes gegen Rechtsnormen verstoßen hat, gerät vor allem Josef Ackermann unter heftigen Druck. Denn in ein zweites Verfahren wird er kaum als Vorstandschef der Deutschen Bank gehen können.

Die Düsseldorfer Ankläger lassen sich natürlich nicht in die Karten schauen. Wer freilich das schriftliche Urteil des Landgerichtes kennt, muss nicht lange suchen, um die neuen Ansatzpunkte der Staatsanwälte zu finden. Auf 187 Seiten haben die Richter der 14. Wirtschaftsstrafkammer zu begründen versucht, warum sie die Angeklagten trotz zum Teil gravierender Pflichtverletzungen nicht verurteilt haben. Besonders auffällig ist die Argumentation des Gerichtes bei den Freisprüchen von Ackermann und dem ehemaligen IG-Metall-Chef Klaus Zwickel, bei denen die Kammer zwar die massiven Verstöße gegen das Aktienrecht sieht, sie aber nicht verurteilt, weil der so genannt „unvermeidbare Verbotsirrtum“ sie strafrechtlich rettet.

Die Anklage hat das immer bestritten: Für sie sind Männer wie Ackermann und Zwickel voll verantwortlich; sie wussten zu jeder Zeit, was sie taten. Die millionenschweren Abfindungen – insgesamt wurden am Ende des Übernahmekampfes zwischen Mannesmann und Vodafone rund 60 Millionen Euro an Spitzenmanager verteilt – dienten nicht dem Unternehmenszweck; und das hätten die Aufsichtsräte nach Ansicht der Ankläger auch wissen müssen. Dass das Gericht den ehemaligen Mannesmann-Chef Klaus Esser, dessen Prämie von rund 16 Millionen Euro umstritten war, freigesprochen hat, weil man nur eine schlichte Pflichtverletzung festgestellt haben will, halten die Ankläger ebenfalls für rechtsfehlerhaft.

Wenn die obersten Richter in diesen Punkten den Anklägern folgen, muss das Verfahren von einer anderen als der 14. Strafkammer in Düsseldorf neu aufgerollt werden. Dieses Gericht wird sich dann auch intensiv mit den strittigen Passagen in der Urteilsbegründung beschäftigen müssen. Die Richter haben zum Beispiel selbst Zweifel geäußert, ob der Chinese Canning Fok die Wahrheit gesagt hat, das am Ende aber für unerheblich gehalten. Fok war als Vertreter des Eigentümers Hutchison, der später zehn Milliarden Euro Gewinn machte, in die entscheidende Verhandlungsphase zwischen Mannesmann-Chef Esser und seinem Vodafone-Kontrahenten Chris Gent geplatzt und hatte davon geredet, es jetzt auf dem „chinesischen Weg“ zu versuchen – was nicht nur für die Ankläger ein untrügliches Zeichen dafür war, dass er die Einigung mit dem 16 Millionen-Abfindungsangebot beschleunigen wollte.

Kein Thema freilich sind die politischen Folgen des Prozesses: Das Verfahren hat die Debatte über die Offenlegung der Managergehälter enorm beschleunigt. So wurde ermittelt, dass Ackermann mit etwas über elf Millionen pro Jahr der bestbezahlte deutsche Manager ist.

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