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Politik: Gipfel ohne Regierungschefs

Von Thomas Migge, Rom Jacques Diouf ist eigentlich ein Mann der leisen Töne. Um so mehr erstaunte seine Ansprache am Montag.

Von Thomas Migge, Rom

Jacques Diouf ist eigentlich ein Mann der leisen Töne. Um so mehr erstaunte seine Ansprache am Montag. Der Direktor der Welternährungsorganisation FAO mit Sitz in Rom ließ kein gutes Haar an den Staats- und Regierungschefs der reichen Länder. Sie waren der Einladung zum Welternährungsgipfel nicht nachgekommen. Nur der Spanier Aznar hatte die Reise auf sich genommen – Berlusconi war sowieso schon in Rom. Schröder und Chirac, Bush und Blair hatten aber, so Diouf, „scheinbar anderes zu tun, auch wenn wir hier über das Leben von Millionen von Menschen sprechen“.

Bis Donnerstag dauert der Gipfel, an dem die Vertreter von 183 Ländern teilnehmen. Ziel ist es, Wege aus der, so der Senegalese, „immer dramatischer werdenden Hungerkatastrophe zu finden“. Rund 4000 Delegierte werden Strategien diskutieren, um die Zahl der derzeit rund 820 Millionen Hungernden zu verringern. Noch immer stirbt alle vier Minuten ein Mensch an Unterernährung. Diouf erinnerte an die Erklärung von 1996, die Zahl der Hungernden bis 2015 um die Hälfte zu senken; bisher sei nichts geschehen. „Das ist eine Schande für uns alle.“ Diouf zufolge sind jedes Jahr 24 Milliarden Dollar an Finanzhilfen nötig, damit 2015 „nur“ noch 410 Millionen Menschen hungern.

Auch der über Bildschirm zugeschaltete Papst Johannes Paul II. erinnerte die Mitgliedsstaaten der FAO an „ihre heiligen Verpflichtungen, die es einzuhalten gilt“. UN-Generalsekretär Annan forderte einen besseren Zugang der Bauern vor allem in den Entwicklungsländern zu den Weltmärkten. Italiens Ministerpräsident Berlusconi sagte, jedes UN-Land solle einen Prozentpunkt seines Bruttoinlandsprodukts für Projekte in armen Ländern bereitstellen. Als Diouf seine Rede mit der Forderung schloss, dass „wir es uns zum Ziel machen müssen, das Versprechen von 1996 zu realisieren“, hörte der Applaus kaum auf. „Viele schöne und geduldige Worte“, kommentierte ein Repräsentant des Heiligen Stuhls.

Anders als bei vorherigen Gipfeln der FAO will Diouf dieses Mal „auf die Forderungen der Nicht-Regierungsorganisationen hören“, die auch seine Forderungen seien. Ein Sprecher der US-Delegation wies den FAO-Direktor darauf hin, dass er sich damit der Kritik des Anti-Amerikanismus aussetze. Die Nicht-Regierungsorganisationen lehnen die von den USA geforderte Freigabe der Genmanipulation von Pflanzen entschieden ab.

Unter den Anwesenden war auch Robert Mugabe. Der Präsident von Simbabwe gilt wegen seiner Regierungspraxis in der EU als unerwünschte Person. Nachdem er ohne Einladung nach Rom gekommen war, erlaubte die FAO ihm schließlich, an dem Gipfel teilzunehmen. Mugabe wurde aber darauf hingewiesen, dass weder die USA noch die EU an Kontakten mit ihm interessiert seien.

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