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Politik: Global gesehen

Schröder diskutiert mit der Friedensnobelpreisträgerin Maathai – und punktet mit seiner Irakkritik

Tausende strömen in die Globalisierungshalle. Darunter auch ein kleiner Mann, der nicht weiter auffiele, würden ihm nicht Heerscharen von Journalisten und Kameras folgen: Bundeskanzler Gerhard Schröder. Ihm gelingt, was in den Tagen zuvor keiner der Politiker so richtig versucht hat: den evangelischen Kirchentag in eine Wahlkampfbühne zu verwandeln. Und noch mehr: Unter dem Motto „Welt-Partnerschaft“ wird die Globalisierungshalle am Freitag für zwei Stunden zu so etwas wie einem Parteitagsforum. Denn Schröder kommt gut an, zum Beispiel mit seiner Bush-Kritik: „Was könnte man mit dem Geld nicht alles tun, das für den Irakkrieg ausgegeben wird?“ Oder mit der Ankündigung, er wolle prüfen, ob man Nigeria Schulden erlassen könne.

Zu Beginn reicht auch schon die Geste: Schröder steigt aufs Podium und nimmt die kenianische Friedensnobelpreisträgerin von 2004, Wangari Maathai, beherzt in den Arm. Tausende jubeln und klatschen. Zuvor hatte eine Trommelgruppe die Stimmung angeheizt. Dann tritt Wangari Maathai ans Rednerpult: „Die gerechte Verteilung der Ressourcen, Frieden und Demokratie müssen zusammengedacht werden.“ Denn wenn nicht alle von den begrenzten natürlichen Ressourcen profitierten, würden diejenigen, die außen vor bleiben, frustriert und gewalttätig. „Die meisten Kriege werden um Ressourcen geführt.“ Deshalb müsste die westliche Welt ihr Konzept von Frieden überdenken und die Ressourcen und den Umweltschutz einbeziehen.

Schröder punktet mit Mitgefühl für diejenigen, denen die Globalisierung Angst mache, etwa weil sie den Verlust ihres Arbeitsplatzes fürchten. Aufgabe der Politik sei es, diesen Prozess positiv zu steuern. Wie auch SPD-Parteichef Franz Müntefering am Tag zuvor, gesteht Schröder ein, dass man da mit nationalstaatlicher Politik nicht weit komme. „Es braucht ein starkes, multilaterales System“, sagt der Bundeskanzler. „Eines, bei dem alle entscheiden, und nicht nur einer entscheidet und die anderen tun.“ Deshalb brauche es auch dringend eine Reform der Vereinten Nationen. Auch will Schröder 500 Millionen Euro in die Entwicklung erneuerbarer Energien in Afrika investieren. Die anderen Podiumsgäste, darunter eine Frauenrechtlerin aus Nigeria und ein brasilianischer Stipendiat des evangelischen Entwicklungsdienstes, lassen ihn aber nicht so einfach davonkommen. Eine Chance sei die Globalisierung doch nur für eine kleine Gruppe von Unternehmern, sagt Antonio Andrioli aus Brasilien. Der freie Welthandel werde immer als Lösung dargestellt, dabei sei er das Problem.

Schröder streicht noch einmal die Bemühungen der Bundesregierung heraus: Man habe sich für die Öffnung der Märkte für Dritte-Welt-Produkte eingesetzt. Nun gut, weit sei man damit nicht gekommen. „Es ist sicherlich mehr Fantasie nötig, aber Deutschland wird alles tun, um die beim Millenniumsgipfel vereinbarten Ziele zu erreichen", sagte der Kanzler schließlich. Tausende 50- und 60-Jährige drinnen in der Halle danken es mit viel Applaus – während sich die Entscheider von morgen draußen im Bikini sonnen.

Claudia Keller

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