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Glücksspielstaatsvertrag: Länder vereinbaren Änderungen bei Sportwetten

Die Ministerpräsidenten der Länder haben sich am Mittwoch in Berlin über Änderungen beim Glücksspielstaatsvertrag verständigt. Was haben sie genau vereinbart?

So viel Emotionen hätte man diesem Thema und dieser Sitzung eigentlich gar nicht zugetraut. Aber Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) war zum Auftakt der Sonder-Ministerpräsidentenkonferenz schwer erbost. „Das ist ein absolutes Unding“, fauchte er den schleswig-holsteinischen Kollegen Peter-Harry Carstensen (CDU) in der Landesvertretung Sachsen-Anhalts an: „Am liebsten würde ich aufstehen und gehen. Das hat es noch nie gegeben.“ Der Beschuldigte auf der anderen Seite des Tischs ertrug es stoisch, beinahe regungslos – nur seine Gesichtsfarbe verdunkelte sich. Kaum zu glauben, dass es hier ums Spielen geht. Um Glücksspiele. Tatsächlich geht es um mehr: Es geht ums Geld.

Was war passiert? Die schleswig-holsteinische Delegation hatte zum Auftakt kamerawirksam eine Europakarte hochgehalten, die zeigen soll, wie liberalisiert der Sportwettenmarkt in Europa ist – bis auf die kleine Enklave Deutschland. So viel Demonstrationsstärke ist sonst nicht Sache der Konservativen. Das wollten sich die SPD-geführten Länder nicht bieten lassen. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD), der die Konferenz zusammen mit Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) geführt hat, sagte anschließend auch, es sei „keine leichte Verhandlungsrunde“ gewesen. Tatsächlich drohte sie sogar zu scheitern. Herausgekommen ist ein Kompromiss, den bis auf Schleswig-Holstein erst einmal alle mittragen.

Eine Neuregelung des Glücksspielstaatsvertrages, der eines der letzten staatlichen Monopole sicherstellt, ist nötig, weil der jetzige noch in diesem Jahr ausläuft. Und weil er vom Europäischen Gerichtshof für unzulässig erklärt worden war. Nicht weil ein staatliches Monopol verboten sei, sondern weil die Begründung dafür, die Spielsuchtbekämpfung, nicht konsequent angewandt werde. Die Bundesländer wollen das Monopol nun lockern und ab 2012 sieben bundesweite Konzessionen für Sportwetten-Anbieter vergeben. Diese Regelung soll testweise fünf Jahre lang gelten.

Die Schleswig-Holsteiner wollen weiter gehen. Ihnen schwebten mindestens zwölf Konzessionen vor. Nach dem Motto: Je mehr wir zulassen und je mehr sich ein Land für eine Marktöffnung einsetzt, um so eher siedeln sich die Anbieter auch dort an. Das Land droht mit einem Alleingang. Deshalb ist offen, ob es den Vertrag am 9. Juni mit unterzeichnet.

Die schleswig-holsteinische Strategie könnte Erfolg haben. Mit bwin hat bereits einer der größten Anbieter angekündigt, sich um eine Lizenz in Schleswig-Holstein zu bemühen. Allerdings sieht der Wettanbieter die Pläne der Ministerpräsidenten kritisch. Zwar begrüße man die regulierte Öffnung. „Wir glauben aber, dass das Modell realitätsfremd und zum Scheitern verurteilt ist“, sagte bwin-Deutschlandchef Jörg Wacker der dpa. Die Eckpunkte seien nicht marktkonform und auch nicht EU-konform.

Zu diesen Eckpunkten gehören auch weitere Details, die vor allem für den Profi-Sport wichtig sind. So dürfen die zugelassenen Wettanbieter künftig auch auf Trikots und Banden werben. Vor allem den Vereinen der Fußball-Bundesliga bringt das Millioneneinnahmen. Fernsehwerbung im Umfeld von Sportsendungen soll aber verboten werden. Auch die Ausgestaltung der Wetten wurde konkretisiert. Live-Wetten, die getätigt werden, während ein bestimmtes Sport-Ereignis läuft, sollen beschränkt werden – auf das Endergebnis. Momentan kann man beispielsweise im Fußball während eines laufenden Spiels auf viel mehr setzen: die nächste gelbe Karte, das nächste Tor und anderes. Die Konzessionsabgabe für die Anbieter soll 16,67 Prozent betragen – mehr als in anderen Staaten. Genau daran gibt es Kritik. Vor allem vom Deutsche Olympische Sportbund. Der hält den Betrag für „nicht marktgerecht“. Auch die anderen Vorschläge stoßen nicht auf Begeisterung. Im Sport hatte man größere Erwartungen.

Auch für Casinospiele im Internet wollen die Länder eine fünfjährige Testphase einführen. Hier sollen ebenfalls strenge Regeln gelten: Man muss sich mit Namen registrieren und nachweisen, dass man nicht auf Pump spielt. Die Zahl realer Spielbanken soll beschränkt werden.

Das Volumen des bisher weitgehend illegalen Sportwettenmarktes liegt nach Schätzungen bei rund fünf Milliarden Euro. Ein lukratives Geschäft für die Länder. Bisher entfallen nur drei Prozent der Erträge auf den staatlichen Monopolisten Oddset. Und Steuervorteile haben die Länder vom Erfolg der Privaten auch nicht – denn die sitzen im Ausland. Im Netz aber ist ihr Angebot abrufbar.

Dass nur sieben Lizenzen vergeben werden, hängt auch mit der staatlichen Lotterie zusammen. Denn je weiter die Länder den Sportwettenmarkt öffnen, um so schwerer ist zu erklären, warum die Lotterie ein Staatsmonopol bleiben soll. Das bringt hohe Summen in die Landeskassen – rund 3,3 Milliarden Euro 2010. Ein heikles Thema also für die Länder. Kein Wunder, dass es da deutlich zur Sache geht.

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