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"Auch im Namen meiner Landsleute" - Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier

© Wolfgang Kumm/dpa

Glückwünsche an den Iran: Wo Terror beginnt, endet die Etikette

Der Bundespräsident gratuliert der Regierung im Iran herzlich zum 40. Jahrestag der Islamischen Revolution. Es ist sein erster Fehler. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Die bloße Nachricht regt schon auf. Das deutsche Staatsoberhaupt, Frank-Walter Steinmeier, gratuliert der Regierung im Iran herzlich zum 40. Jahrestag der Islamischen Revolution, „auch im Namen meiner Landsleute“. Muss man den Bundespräsidenten wirklich an das Wesen der Islamischen Revolution erinnern?

Daran, dass der Iran heute ein staatlicher Sponsor des internationalen Terrorismus ist, Israel mit Vernichtung droht, den Holocaust leugnet, Frauen unterdrückt, Homosexuelle hinrichtet, religiöse Konversionen mit dem Tode bestraft – und einer expansiven fundamentalistischen Ideologie folgt. Ein Land, in dem Knochen gebrochen und Hälse durchgeschnitten werden. Der moralische Kompass, der die Worte eines Bundespräsidenten leiten sollte, hat in diesem Fall grob versagt. Es ist Steinmeiers erster gravierender Fehler im höchsten Staatsamt.

Es wird Beschwichtigungen geben. Sind nur Worte, ist nur ein Telegramm, eine Geste. Aber das verkennt die Wucht solcher Symbolik. Als die Mullahs im Iran ihr Regime etablierten, endete in Kambodscha gerade die Tyrannei der Roten Khmer. Was wäre wohl gewesen, wenn der damalige Bundespräsident Walter Scheel im Jahr zuvor Pol Pot zu einem Jubiläum beglückwünscht hätte? Wo Terror beginnt, endet die Etikette.

Steinmeiers Gratulation zu 40 Jahren Islamischer Revolution ist allerdings nicht nur verkehrt, sondern auch fatal. Sie nährt den Verdacht, Deutschland halte aus wirtschaftlichem Eigennutz und „herzlicher“ Zugewandtheit zum Iran. Benjamin Netanjahu und Donald Trump fordern seit langem, dass auch Europäer das Atomabkommen mit dem Iran aufkündigen.

Zwölf Jahre lang hatten alle Mitglieder des UN-Sicherheitsrates plus Deutschland mit Teheran verhandelt, bevor das Abkommen im Jahre 2015 unterzeichnet wurde. Es erlaubt die zivile Nutzung der Atomtechnologie, verhindert aber den Bau von Atomwaffen für mindestens 15 Jahre. Barack Obama bezeichnete es als größte diplomatische Leistung seiner Amtszeit. Allerdings umfasst es weder den Raketenbau noch die Unterstützung des internationalen Terrors. US-Präsident Trump kündigte es auf.

Netanjahu zieht grundsätzliche Parallelen zwischen dem Iran und dem NS-Regime, wirft Deutschland Appeasement vor, beschuldigt Teheran, einen zweiten Holocaust zu planen. Ein Bundespräsident muss diese Einschätzung nicht teilen, darf aber niemals den Eindruck erwecken, er ignoriere solche Sorgen. Deutschland und die anderen Signatarmächte – mit Ausnahme der USA – sind überzeugt, dass gar kein Abkommen schlechter sei als ein schlechtes, das ja immerhin, zeitlich befristet, die Gefahr einer iranischen Atombombe bannt. Diese nüchtern-pragmatische Sicht wird diskreditiert durch Glückwünsche aus der Feder des Bundespräsidenten. Das Telegramm suggeriert mehr als sicherheitspolitisches Interesse, es suggeriert partnerschaftliches Wohlwollen.

Das aber darf Deutschland sich nicht leisten. Der Iran ist ein Schurkenstaat. Der einzige Dissens zu Trump und Netanjahu besteht darin, wie das Regime in Teheran am effektivsten vom Bau einer Atombombe abgehalten werden kann. Wer Sanktionen und die Androhung von militärischer Intervention für nicht ausreichend hält, muss Dialogkanäle offenhalten. Gratulationstelegramme gehen weit darüber hinaus.

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