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Nicht nur über einen Neustart zur Endlagersuche wird gestritten. Im Gorleben-Untersuchungsausschuss wird auch darüber gestritten, ob die Auswahl von Gorleben als Standort eine politische oder eine wissenschaftlich begründete Wahl war.

© dapd

Gorleben-Untersuchungsausschuss: Verfahrensstreit überlagert die Ermittlungsarbeit

Regierungsparteien schicken einen Zeugen ohne Vernehmung wieder nach Hause. CDU-Obmann hält das für eine "politische Inszenierung".

Die Oppositionsparteien werfen Union und FDP Verschleppungstaktik im Gorleben-Untersuchungsausschuss vor. Die drei Obfrauen von SPD, Grünen und Linken kritisierten in einer Erklärung, dass am Donnerstag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen ein Zeuge ohne Vernehmung nach Hause geschickt worden ist. Die Vernehmung des Geologen ist bereits mehrfach verschoben worden. Darauf hat das Wirtschaftsministerium in einem Schreiben, den Zeugen betreffend hingewiesen. Die Oppositionsfraktionen hatten mithilfe eines Minderheitenrechts seine Vernehmung am Donnerstag durchzusetzen versucht.

Der Obmann der Unionsfraktion im Gorleben-Untersuchungsausschuss hat den Eklat als „politische Inszenierung“ bezeichnet. Reinhard Grindel sagte dem Tagesspiegel, die Opposition habe bei einer Beratungssitzung am 22. März noch akzeptiert, dass am 29.März weder Beratung noch Zeugenvernehmung stattfinden solle. Die von der Opposition erzwungene Sondersitzung sei „auf dem Rücken des Zeugen durchgesetzt worden“. Im Protokoll des Ausschusses ist dagegen vermerkt, dass der Beschluss gegen die Stimmen der Opposition zustande gekommen ist.

Zu Beginn der Ausschussarbeit im Frühjahr 2010 konnte es dem Obmann der Unionsfraktion, Reinhard Grindel, gar nicht schnell genug gehen. Schließlich gebe es keinen Beweis dafür, dass es politische Einflussnahme mit dem Ziel gegeben habe, den umstritten Salzstock als Endlager durchzusetzen. So sah er es zu Beginn der Ausschussarbeit, und so sieht er das noch immer. Im Januar 2012 haben die Koalitionsfraktionen dann durchgesetzt, dass nur noch ein Zeuge pro Sitzung vernommen werden kann. Zudem tagt der Ausschuss seither nachmittags und nicht mehr länger als drei Stunden. Die Regierungsparteien begründeten das damit, dass die Abgeordneten nicht über Jahre ein einhalb Tage pro Sitzungswoche mit dem Ausschuss belastet werden sollten.

Eine Aktennachlieferung aus dem Wirtschaftsministerium war für die Regierungsparteien vor kurzem dann Anlass, eine „Lesepause“ einzulegen. Ute Vogt (SPD), Sylvia Kotting-Uhl (Grüne) und Dorothée Menzner (Linke) halten das für ein vorgeschobenes Argument. Ihrer Einschätzung nach wollen die Regierungsparteien verhindern, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) noch vor der Landtagswahl in Niedersachsen im Januar 2013 zu ihrer Rolle in Sachen Gorleben vor den Ausschuss zitiert wird. Grindel sieht das naturgemäß anders. Er hält es für völlig gerechtfertigt, erst einmal nachgelieferte Akten aus dem Wirtschafts- und Umweltausschuss zu sichten, bevor weitere Zeugen vernommen werden.

Unter Merkels Verantwortung als Umweltministerin war die Erkundung des Salzstocks so verändert worden, dass es in der Industrie und im Bundesamt für Strahlenschutz Zweifel daran gab, ob so eine Aussage über die Eignung Gorlebens als Endlager überhaupt noch möglich sein würde. Grund für den veränderten Erkundungsauftrag waren fehlende Salzrechte. Weder die evangelische Kirche noch ein privater Landbesitzer im Wendland waren bereit, ihre Salzrechte für die Erkundung aufzugeben. Die Industrie wiederum wollte die Arbeiten so lange einstellen, bis die Rechteinhaber enteignet sein würden. Das Umweltministerium dagegen drängte auf eine Fortsetzung der Arbeit. Tatsächlich wurde in den späten 90er Jahren auch eine Novelle des Atomgesetzes vorbereitet, die eine Enteignung der Rechteinhaber hätte ermöglichen sollen.

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