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Greenpeace: Bundesgerichtshof prüft Stammzellen-Patente

Greenpeace hatte gegen den Urheberschutz für die Herstellung von Zellen aus Embryonen geklagt.

Karlsruhe - Es geht um ethische Grenzen und eine Weichenstellung für Medizin und Pharmaindustrie: Der Bundesgerichtshof prüft am Donnerstag erstmals, ob ein deutsches Patent zur Herstellung von Zellen, die aus menschlichen embryonalen Stammzellen gewonnen werden, Bestand haben kann. Konkret verhandelt der BGH in Karlsruhe über das 1999 vom Deutschen Patentamt erteilte Stammzellenpatent des Bonner Neurobiologen Oliver Brüstle.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace, die gegen das Patent mit der Bezeichnung DE 19756864 C1 klagt, erwartet vor allem die Beantwortung grundlegender ethischer Fragen. Man hoffe auf „ein Signal für eine starke ethische Grenze im Patentrecht“, sagte der von Greenpeace beauftragte Experte Christoph Then. Eine Niederlage von Greenpeace wäre ein „Signal für die Industrie“, das einen „Boom“ von Patentanmeldungen in diesem Forschungsbereich auslösen könnte. Auch aus Sicht von Rechtsanwalt Friedrich-Wilhelm Engel, der Brüstle vor dem BGH vertritt, wird das Verfahren weitreichende Auswirkungen haben: „Die Sache hat wirtschaftlich und auch für die Medizin enorme Bedeutung“, sagte Engel.

Das in erster Instanz zuständige Bundespatentgericht in München hatte der Klage von Greenpeace im Dezember 2006 überwiegend stattgegeben. Das Gericht erklärte das Patent Brüstles für nichtig, soweit es Zellen umfasst, die aus embryonalen Stammzellen von menschlichen Embryonen gewonnen werden. Der Gebrauch dieser Erfindung verstoße gegen die öffentliche Ordnung. Denn hierzu müssten in einer vorgelagerten Stufe menschliche Embryonen „verbraucht“ werden. In Deutschland erteilte Patente dürften aber keinen kommerziellen Anreiz zur Zerstörung menschlicher Embryonen bieten.

Das strittige Patent Brüstles betrifft Verfahren zur Herstellung von Nerven-Vorläuferzellen aus embryonalen Stammzellen. Der Direktor des Instituts für Rekonstruktive Neurobiologie an der Universität Bonn arbeitet an einer Methode, mit der geschädigte Nervenzellen im Gehirn ersetzt werden können, um Krankheiten wie Parkinson oder Multiple Sklerose zu behandeln.

„Alles ist noch in der Entwicklung“, betont Engel. Diese Forschung habe aber ein großes medizinisches Potenzial. In Staaten mit einer liberalen Regelung wie den USA seien „die ersten Heilmittel bereits auf dem Weg zur Zulassung“. In Deutschland werde hingegen „alles blockiert“, kritisiert der Anwalt Brüstles. Der BGH verhandelt nun über die Berufung des Bonner Forschers. Das Europäische Patentamt hatte im November 2008 in einem ähnlich gelagerten Fall entschieden, dass ein europäisches Patent nicht erteilt werden darf, wenn das betreffende Verfahren zwangsläufig mit der Zerstörung menschlicher Embryonen einhergeht. Der BGH wird nun entscheiden müssen, ob dies auch für die Erteilung deutscher Patente gilt. ddp

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