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Gregor Gysi und Anton Hofreiter in einem Konferenzraum des Bundestages

© Mike Wolff

Gregor Gysi und Anton Hofreiter im Gespräch: Wie viel Opposition muss sein?

Sie kennen sich bisher kaum: Gregor Gysi, Fraktionschef der Linken im Bundestag, und sein neuer Grünen-Kollege Anton Hofreiter. Bevor die große Koalition richtig loslegt, haben wir die Chefs der Opposition schon mal an einen Tisch gebeten. Es wurde ein Streitgespräch.

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Herr Gysi, Herr Hofreiter, haben Sie sich schon geeinigt, wer Oppositionsführer wird?

Gysi: Am Wahlabend habe ich die Rolle des Oppositionsführers beansprucht. Das war eher im Scherz gesagt. Aber alle griffen es auf, weil es ihnen zunächst eher absurd erschien, dass ausgerechnet ich das werde.

Hofreiter: Wer Oppositionsführer wird, bemisst sich nicht nach dem Wahlergebnis, sondern danach, wer die bessere Oppositionsarbeit macht. Das wird sich im Laufe der Legislatur zeigen.

Gysi (lacht): Also doch ich.

Wenn die Kanzlerin im Bundestag redet, darf Herr Gysi zuerst erwidern. Ärgert Sie das, Herr Hofreiter?

Hofreiter: Ach wo, deswegen müssen wir uns nicht aus dem Fenster stürzen. Es wird vor allem darauf ankommen, wer die klügeren Argumente bringt.

Als größte Oppositionsfraktion steht die Linke künftig stärker im Rampenlicht. Wie wollen Sie mit dieser Verantwortung umgehen, Herr Gysi?

Gysi: Natürlich haben wir mehr Verantwortung. Wenn die Regierung um 9 Uhr eine Entscheidung bekannt gibt, müssen wir um 9.30 Uhr dazu Stellung nehmen. Ich kann nicht sagen, wir müssen erstmal 48 Stunden debattieren. Und wir müssen Alternativen anbieten, die den Leuten machbar erscheinen.

Die Opposition wird klein sein. Muss sie umso härter werden?

Gysi: Man muss nicht laut sein, sondern gute Argumente bringen.

Hofreiter: Eine kluge Opposition tut gut daran, sich die Vorlagen der Regierung genau anzuschauen. Wenn sie aus Prinzip alles ablehnt, macht sie sich unglaubwürdig. Die große Koalition wird uns genügend Angriffsfläche bieten: Wenn man sieht, wie die Zahl der Vizepräsidenten ausgeweitet wurde, kann man davon ausgehen, dass die große Koalition auch anderswo Geld verschwenden wird. Wir werden sie angreifen bei den Bürgerrechten, aber auch in der Umweltpolitik, wenn die Großkonzerne-CDU sich mit der Kohlekraft-SPD einigt.

Gysi: Es kann auch Vorschläge geben, zu denen man Ja sagen muss, weil etwas Neues beginnt. Wenn SPD und Union einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro zur Abstimmung stellten, stimmen wir dem zu, obwohl wir eigentlich zehn Euro für richtig halten. Wenn sie aber einen Unterschied machten zwischen Ost und West, ist das für uns inakzeptabel.

Als Lehre aus der Bundestagswahl wollen die Grünen sich stärker für Schwarz-Grün und Rot-Rot-Grün öffnen. Wie soll es funktionieren, in den nächsten vier Jahren gleichzeitig mit Frau Merkel und Herrn Gysi anzubandeln?

Hofreiter: Mit wem wir zusammen arbeiten, machen wir zuallererst von den Inhalten abhängig. Für eine Koalition braucht man aber auch Vertrauen in den Partner, man muss wissen, auf wen man sich einlässt. Wenn bei der Linken jemand wie die Abgeordnete Inge Höger dabei ist, wird es äußerst kompliziert.

Warum?

Hofreiter: Frau Höger hat mal einen Schal getragen, auf dem Israel von der Karte verschwunden war. So etwas darf nicht passieren, das ist ein Skandal. Stellen Sie sich mal vor, die Abgeordnete wäre Mitglied einer Regierungsfraktion. Da wäre richtig Feuer unter dem Dach. Dann hilft es uns auch nicht, wenn wir in vielen anderen Punkten übereinstimmen.

Gysi: Diese Geschichte wird in einer Art und Weise dramatisiert, die nicht gerechtfertigt ist.

Aber hat Herr Hofreiter nicht Recht, dass Einzelne in Ihrer Fraktion Grenzen überschreiten, die nicht akzeptabel sind?

Gysi: Die Schal-Geschichte ist schon zwei Jahre alt. Wir haben uns in der Fraktion darüber gründlich ausgesprochen. Und wir sind uns einig, dass es dort zwei sichere lebensfähige Staaten geben muss, für Israelis ebenso wie für Palästinenser. Natürlich muss man anderen Ansprüchen genügen, wenn man in eine Regierung geht, das gilt für Mitglieder aller Fraktionen.

Hofreiter: Es war ungeschickt, dass die SPD Rot-Rot-Grün bisher ausgeschlossen hat. Das hat die Linkspartei geschützt. Niemand hat hingeschaut, was in dem Laden los ist. Ich frage mich: Wäre die Linkspartei im Moment in der Lage, alle Abgeordneten in eine Regierungskoalition mitzubringen oder würden einige abspringen?

Gysi: Wenn es zu einer Regierungskoalition käme, wären mit Sicherheit diejenigen am diszipliniertesten, die man am meisten fürchtet.

Warum Gysi Schwarz-Grün für sehr problematisch hält

Gregor Gysi
"Sie können als ökologische Partei nicht ernsthaft mit der Union koalieren. Das ist ein Witz." Gregor Gysi

© Mike Wolff

Müssen die Grünen sich entscheiden, zu welchem Lager sie gehören wollen, Herr Gysi?

Gysi: Wenn die Grünen jetzt den Weg zur Union gegangen wären, wären sie eine ökologische FDP geworden. Für SPD und Linke wäre es bei der nächsten Wahl schwer gewesen, so einen konservativen Block zu überwinden.

Hofreiter: Welchen konservativen Block?

Gysi: Sie können als linke Partei nicht ernsthaft mit der Union koalieren, das ist ein Witz. Das wissen Sie auch.

Hofreiter: Quatsch. Koalition heißt nicht Angleichung, man kann sich auch ergänzen.

Sind Sie enttäuscht, dass die SPD nach der Wahl noch nicht einmal mit der Linken sprechen wollte?

Gysi: Ich wusste ja, dass es dieses Mal nichts wird. Aber die SPD wird nie wieder sagen, dass sie nach einer Wahl nicht mit uns redet. Diese Öffnung ist für mich ein Erfolgserlebnis. 83 Prozent der Menschen, die die Linke gewählt haben, wollen Rot-Rot-Grün.

Hofreiter: Die SPD will ja nicht immer nur den Vizekanzler stellen. Es tut der Demokratie nicht gut, wenn bereits vor der Wahl klar ist, dass jemand von der CDU Kanzlerin wird und es nur noch darum geht, wer der Koalitionspartner wird.

Gysi: Die SPD muss den Anfang machen. Sie muss in ihrer Mitgliedschaft eine Diskussion darüber führen, ob die Möglichkeit, mit der Linken zu koalieren, eine Bereicherung ist oder eine Einschränkung. Sie ist ja seit 1990 davon ausgegangen, dass Linksbündnisse sie einschränken, außer in einigen neuen Bundesländern. Die SPD wollte uns einfach loswerden. Es reicht nicht, wenn SPD-Chef Gabriel sagt, er schließt eine Koalition nicht mehr aus. Es muss auch diskutiert werden, warum.

Ein solches Bündnis ist nicht gerade populär.

Gysi: Natürlich muss es eine Wechselstimmung geben. Und selbst der Bauer in Bayern, der immer CSU wählt, muss damit leben können.

"Rot-Rot-Grün in Hessen ausprobieren"

Gregor Gysi und Anton Hofreiter
Rot-Rot-Grün ausprobieren in Wiesbaden? Da kommen Gysi und Hofreiter leicht auf einen Nenner.

© Mike Wolff

Wäre ein Vorlauf in einem Bundesland notwendig, vielleicht demnächst in Hessen?

Hofreiter: Die Hessen werden das selbst entscheiden. Aber natürlich wäre es hilfreich, ein solches Modell in einem Flächenland auszuprobieren.

Gysi: Wichtig ist, Ängste abzubauen. Wenn Rot-Grün-Rot in Hessen zustande käme, erstmalig in einem westlichen Bundesland, wäre das wichtig.

Hofreiter: Die SPD hat es der Linkspartei in der Vergangenheit leicht gemacht , indem sie versucht hat, sie unter die Fünfprozenthürde zu drücken. Das hat nicht funktioniert. Diese Igittigitt-Haltung hat nur dazu geführt, dass die Linke nie gezwungen war, Verantwortung zu übernehmen. So konnte dort der Unsinn so richtig blühen.

2010 haben Sie, Herr Hofreiter, zusammen mit jungen Abgeordneten von SPD und Linken einen Aufruf „Das Leben ist bunter“ angestoßen und eine inhaltliche Debatte zum sozial-ökologischen Umbau gefordert. Werden Sie sich in diesem Zirkel als Fraktionschef weiter engagieren?

Hofreiter: Ich werde mich als Fraktionsvorsitzender weiter dafür engagieren, dass die demokratische Option Rot-Rot-Grün möglich sein muss. In welcher Form, das wird man noch sehen.

Herr Gysi, fürchten Sie, dass sich das Verhältnis der Linken zur SPD in deren Regierungszeit weiter verschlechtern wird?

Gysi: Das muss nicht so sein. Wir müssen das klug anstellen, indem wir zeitgleich miteinander Gespräche führen, nicht unbedingt öffentlich. Die SPD wird als Juniorpartner in der großen Koalition leiden. Es ist absehbar, dass alle großen Entscheidungen zu Gunsten von Merkel getroffen werden.

Hofreiter: Wichtig wird sein, wie die Opposition sich aufstellt. Wenn die Linke so wie in den letzten Jahren SPD und Grüne zu Hauptgegnern erklärt, wird es natürlich schwierig. Sie sollte hauptsächlich die Union als stärkste Regierungspartei angreifen.

Hofreiter hält Gysi kindisches Verhalten vor

Anton Hofreiter
"Werden Sie nicht albern mit solchen alten Geschichten." Anton Hofreiter ist gegen die Vergangenheitsaufrechnerei.

© Mike Wolff

Gysi: Ich möchte erklären, warum es manchmal verführerisch war, das anders zu machen. Dass die Union konservativ ist, ist für mich eh klar. Aber wenn auf einmal auch SPD und Grüne konservativ werden, reizt mich das natürlich mehr zum Widerspruch.

Hofreiter: Genau solch ein kindisches Verhalten nervt mich. Sie überlegen sich gar nicht, wer der politische Hauptgegner ist.

Gysi: Die Agenda 2010 kam nicht von Kohl, sondern von SPD und Grünen. Und die ganze prekäre Beschäftigung, ich bitte Sie! Da können Sie sich auch nicht aus der Verantwortung stehlen.

Hofreiter: Die SPD hat in den vergangenen vier Jahren nicht regiert, wir sogar acht Jahre nicht. Man sollte nicht nur in der Vergangenheit leben, Herr Gysi.

Herr Hofreiter, wer steht Ihnen näher, die Union oder die Linke?

Hofreiter: Schon wieder so eine lustige Frage.

Gysi: Und, wer ist Ihnen denn nun lieber?

Hofreiter: Wenn man die Programme nebeneinander legt, gibt es zwischen Grünen und Linken in vielen Bereichen ähnliche Ansätze. Im Umwelt-Kapitel zum Beispiel hat die Linke viel von uns kopiert. Aber zur Nähe gehört deutlich mehr. Und deshalb ist diese Frage auch so simpel nicht zu beantworten.

Wo sehen Sie Gemeinsamkeiten?

Gysi: Die Grünen haben lange die ökologische Frage getrennt von der sozialen Frage betrachtet. Die Linke dagegen hat die soziale Frage gestellt, ohne ausreichend  die ökologische Frage zu beachten. Jetzt nähern wir uns langsam an: Wir beachten die ökologische Frage, und die Grünen würden heute nicht mehr fünf Mark pro Liter Benzin fordern. Damit verdrängt man nämlich weniger Verdienende, Pendler und die Armen von der Straße.

Hofreiter: Wir haben die ökologische Frage immer mit der sozialen Frage kombiniert. Spannend ist etwas anderes, nämlich ob es im Land Mehrheiten gibt für einen ökologischen Modernisierungsprozess, der so organisiert wird, dass der Wohlstand im Land erhalten bleibt und gleichzeitig die Verteilungsfrage einigermaßen gerecht gelöst wird. Da geht es vor allem um die Steuergesetzgebung. Selbstverständlich kann eine sozial extrem gespaltene Gesellschaft ökologische Probleme schwerer lösen. Wer wenig hat, kann zum Beispiel auch nicht im Biomarkt einkaufen. Wir aber wollen Öko für alle.

Gysi: Fünf Mark pro Liter Benzin, das hieße, Leute, die wenig verdienen, von der Autobahn zu verdrängen.

Hofreiter: Werden Sie nicht albern mit solchen alten Geschichten. Unser Fünf-Mark-Beschluss wurde vor 15 Jahren gefällt.

Gysi: Was ist daran albern?

Hofreiter: Wer wirklich wenig Geld hat, fährt kein Auto. Der sitzt im Bus. Oder auf dem Fahrrad. Sie bringen Dinge in einen falschen Zusammenhang.

Gysi: Aber wer hat denn den Spitzensteuersatz gesenkt? Das war doch Rot-Grün. Die große Koalition hat dann später die Verbrauchssteuern erhöht. Die höhere Mehrwertsteuer muss nun auch die Hartz-IV-Empfängerin bezahlen. 

Hofreiter: Immer geht es nur um angebliche Fehler in der Vergangenheit. Dabei hatten Sie nie Bock zu regieren. Warum ist der Spitzensteuersatz denn gesenkt worden? Es gab damals einen gesellschaftlichen Kompromiss und zugleich wurde der Freibetrag für die niedrigen Einkommen angehoben.

Gysi: Stimmt, der Freibetrag ist erhöht worden. Aber muss ich dafür den Bestverdienenden gleich so viel schenken? Wo ist denn eine Stellungnahme von Euch gewesen, in der Ihr gesagt habt, die Agenda 2010 war ein Fehler?

Hofreiter: Die Agenda 2010 hatte Licht und Schatten. Dazu gibt es Dutzende Stellungnahmen der Grünen, auch selbstkritische. Die Linke ignoriert das aus taktischen Gründen. Ich habe keine Lust auf diese Vergangenheitsaufrechnerei. Es macht keinen Sinn, sich diese Dinge jetzt noch um die Ohren zu hauen. Ich könnte auch einiges zur rot-roten Berliner Landesregierung sagen. Die hat auch vieles beschlossen, was nicht mit dem Programm der Linkspartei übereinstimmt. Wir könnten aber auch über die Zukunft reden. Aber Sie hören einfach nicht auf mit diesen Albernheiten.

Gysi: Sie haben damit angefangen zu sagen, was an meiner Partei alles falsch ist.

Hofreiter: Ich habe auf Probleme in Ihrer Partei jetzt in der Gegenwart hingewiesen. Ich habe keine Vergangenheitsbewältigung betrieben.

Herr Gysi, SPD und Grüne haben aus ihrer Regierungszeit gelernt. Ist das keine Basis für die Zukunft?

Gysi: Die SPD hat sich zum Jahrestag der Agenda 2010 auch noch gefeiert. Da wird es dann echt schwierig.

Die Linke will prinzipiell sein - die Grünen halten das für falsch

Gregor Gysi und Anton Hofreiter
So nicht, Herr Gysi! Hofreiter wirft Gysi vor, im Streit um Krieg und Frieden auszuweichen.

© Mike Wolff

Es knallt ja ganz schön zwischen Ihnen. Und über die Außenpolitik haben wir noch gar nicht gesprochen. Wie sehr hakt es dort?

Hofreiter: Die Linke muss eine grundsätzliche Frage beantworten: Ist Deutschland ein Partner, der sich zum Beispiel an UN-mandatierten Blauhelmeinsätzen beteiligt, ja oder nein?

Gysi: Wirkliche Blauhelmeinsätze wie zum Beispiel in Zypern würden an uns nie scheitern. Kampfeinsätze allerdings immer. Man kann in den Vereinten Nationen sein und ist nicht verpflichtet, an Kriegen teilzunehmen. Ich verstehe die Logik nicht.

Hofreiter: Sie verstehen die Logik sehr gut. Aber Sie weichen aus.

Gysi: Warum sind wir denn zum Beispiel nicht in der Lage, in Syrien von Anfang an ein Waffenembargo durchzusetzen? Der Krieg dort wäre längst zu Ende. Aber es muss halt am Waffenhandel verdient werden.

Hofreiter: Der Krieg wäre erstens nicht zu Ende und zweitens verstehen Sie die Problematik sehr gut. Dafür sind sie außenpolitisch viel zu beschlagen. Wenn jemand von vornherein 100-prozentig weiß, dass mit Waffengewalt nicht eingegriffen werden darf, ist das verantwortungslos. Selbstverständlich, Krisenprävention, gerechtere Handelspolitik, das wollen wir auch, alles richtig. Doch stellen wir uns vor: Eine neue Regierung kommt ins Amt und es droht ein Genozid wie zum Beispiel in Ruanda. Das Kind ist also schon in den Brunnen gefallen. Und wir sollen nur um den Brunnen herumstehen?

Gysi: Der Fall Ruanda ist wirklich kompliziert, das gebe ich zu. Aber in Ruanda hat sich kein einziges Land gefunden, das dort einmarschieren wollte. Da fehlten die wirtschaftlichen Interessen.

Hofreiter: Das macht es nicht besser.

Gysi: Der Maßstab ist eben leider nicht, wie viele Menschen sterben.

Hofreiter: Sie weichen schon wieder aus.

Gysi: Wir werden das diskutieren, wenn wir einen Fall wie Ruanda wieder haben.

Hofreiter: Nein, nein, nein, so nicht, Herr Gysi!

Gysi: Es gab keinen einzigen Kampfeinsatz, der Probleme gelöst hat, im Gegenteil. Wir haben eine prinzipielle Position. Sie haben keine. Siehe Afghanistan.

Hofreiter: Prinzipielle Positionen sind, wenn es um konkrete moralische Fragen geht, hoch problematisch.

Sie werden voraussichtlich die nächsten vier Jahre zusammen in der Opposition verbringen. Was wird Ihre erste gemeinsame Initiative sein?

Gysi: Das diskutieren wir gerade. Natürlich werden wir aufeinander angewiesen sein, etwa wenn es um einige Minderheitenrechte geht.

Hofreiter: Es wird zum Beispiel nicht gehen, dass eine Fraktion allein einen Untersuchungsausschuss durchsetzt. Deswegen ist klar, dass wir uns abstimmen müssen. Eine Koalition in der Opposition gibt es allerdings nicht.

Gysi: Auch die Regelungen zu den Redezeiten müssen verändert werden. Im Augenblick wäre es so, dass bei einer einstündigen Debatte Grüne und Linke zwölf Minuten sprechen, die anderen 48 Minuten. Da sind alle eingeschlafen, bevor wir überhaupt dran sind.

Hofreiter: Das Prinzip von Rede und Gegenrede muss erhalten bleiben.

Herr Hofreiter, zum Schluss die Frage: Gibt es etwas, was Sie an Herrn Gysi schätzen?

Hofreiter: Sein rhetorisches Talent. Er kann langweilige Debatten spannend machen.

Herr Gysi, was finden Sie spannend an den Grünen?

Gysi: Ihre Fähigkeit, Konflikte nicht nach außen zu tragen. Das ist beachtlich. Wir können das schlecht.

Gregor Gysi, 65, ist seit 2005 Vorsitzender der Linksfraktion im Bundestag. Von 1990 bis 2000 stand er an der Spitze der PDS im Bundestag. Anton Hofreiter, 43, wurde im Oktober zum neuen Fraktionschef der Grünen gewählt. Er führt seine Fraktion gemeinsam mit Katrin Göring-Eckardt, der bisherigen Bundestags-Vizepräsidentin. Das Gespräch moderierten Cordula Eubel und Matthias Meisner.

 

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