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Politik: Griechen fahren aus Protest gegen Preiserhöhungen schwarz

Athen - Die griechische Regierung sieht sich bei ihrem Spar- und Reformkurs mit wachsenden Widerständen konfrontiert: Gewerkschaften streiken gegen Lohnkürzungen, und immer mehr Bürger wehren sich gegen Preiserhöhungen. Die anfangs eher belächelte Bürgerinitiative „Den plirono“ (Ich bezahle nicht) wird zu einer Massenbewegung.

Athen - Die griechische Regierung sieht sich bei ihrem Spar- und Reformkurs mit wachsenden Widerständen konfrontiert: Gewerkschaften streiken gegen Lohnkürzungen, und immer mehr Bürger wehren sich gegen Preiserhöhungen. Die anfangs eher belächelte Bürgerinitiative „Den plirono“ (Ich bezahle nicht) wird zu einer Massenbewegung. Was an den Mautstationen der Autobahnen begann, wo mancherorts bereits drei von zehn Autofahrer eigenhändig die Schranken öffnen und Gas geben, statt zu bezahlen, hat auf den öffentlichen Nahverkehr übergegriffen: in den Athener Linienbussen fahren nach Schätzung des Nahverkehrsunternehmens vier von zehn Fahrgästen schwarz.

Bisher bleibt das meist folgenlos: Bußgelder werden selten verhängt und noch seltener eingetrieben. Allein dem Nahverkehrsunternehmen OASA entsteht durch die Schwarzfahrer jeden Tag ein Verlust von rund 100 000 Euro. Weitere Einbußen verursachen die Streiks: fast täglich stehen Busse und Bahnen zumindest stundenweise still, weil die Beschäftigten die Arbeit niederlegen. Sie protestieren gegen geplante Sanierungsmaßnahmen der hochdefizitären Verkehrsbetriebe. Jetzt will die Regierung die Schwarzfahrer und Mautpreller strafrechtlich verfolgen lassen. Unumstritten ist der harte Kurs aber nicht: Mehrere sozialistische Minister äußerten Verständnis für die Zahlungsverweigerer. Immer mehr Bürger bezahlen auch ihre Strom- und Wasserrechnung nicht mehr – teils aus Protest, oft aber auch, weil in vielen Haushalten infolge der Wirtschaftskrise das Geld knapp geworden ist. Die staatlichen Elektrizitätswerke DEI sitzen inzwischen auf 400 000 unbezahlten Rechnungen. Etwa jeder fünfte Kunde zahle gar nicht mehr oder erst, wenn ihm der Strom abgeschaltet werde, sagt das Unternehmen.

Die Proteste werden zunehmend militanter. Am Wochenende zerstörten Demonstranten Fahrkartenautomaten und Sicherheitskameras in mehreren U-BahnStationen. Im Athener Vorort Keratea protestieren Bürger seit Monaten gegen eine geplante Mülldeponie. Am Dienstagabend lieferten sich Demonstranten erbitterte Auseinandersetzungen mit der Polizei. Sie warfen Steine und Molotowcocktails, die Polizei setzte Tränengas ein. Drei Polizisten und ein Demonstrant wurden verletzt. Gerd Höhler

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