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Das alte Lied. Griechenland braucht dringend Geld, um die Pleite abzuwenden. Das Bild zeigt einen Straßenmusikanten in Athen.

© dpa

Griechenland: Am eigenen Schopf aus dem Sumpf

Mit einem Bündel von Maßnahmen wollen die Euro-Finanzminister die Schuldenlast Athens verringern. Dazu gehört auch ein Programm zum Rückkauf griechischer Staatsanleihen, die kaum noch etwas wert sind.

„Wir sind bereit, zu einer Lösung zu kommen, und ich glaube, dass dies heute auch gelingen wird.“ Mit diesen Worten machte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Montag in Brüssel vor dem entscheidenden Treffen mit seinen Amtskollegen aus der Euro-Zone deutlich, dass der Streit unter den Geldgebern um die Hilfen für Griechenland nun endlich beendet werden soll. Bei den beiden vorangegangenen Treffen der Euro-Gruppe und des Internationalen Währungsfonds (IWF) hatte es unterschiedliche Ansichten darüber gegeben, wie der Schuldenberg Griechenlands verringert werden kann.

Zu den Maßnahmen zur Griechenland-Rettung, die die Euro-Finanzminister am Abend in Brüssel beschließen wollten, gehört auch ein sogenanntes Schuldenrückkaufprogramm. Das bestätigten mehrere EU-Diplomaten unabhängig voneinander dem Tagesspiegel. Schon in der vergangenen Woche hatte Schäuble am Rande einer Bundestagsdebatte zu den strittigen Finanzierungsfragen gesagt, er sei sich mit seinen Kollegen „einig, dass die Lücke im Wesentlichen dadurch geschlossen werden wird, dass ein Schuldenrückkaufprogramm durchgeführt wird“.

Die Idee stammt ursprünglich von Schäubles früherem Staatssekretär Jörg Asmussen, der sie kürzlich in seiner neuen Funktion als Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB) wiederholte. Im Kern geht es darum, dass Griechenland von der Krise profitiert und „sich ein Stück weit am eigenen Schopf aus dem Sumpf zieht“, wie ein EU-Diplomat dies am Montag formulierte. Das Programm macht sich nämlich die Tatsache zunutze, dass das Vertrauen von Investoren in die griechischen Anleihen weiter kaum vorhanden ist. Entsprechend werden sie weit unter dem Ausgabepreis gehandelt – aktuell zwischen 30 und 35 Prozent des Nominalwertes. Nun soll Griechenland Geld bekommen, um diese Schuldtitel am Markt aufzukaufen – im Ergebnis muss das Land dann weniger für die Rückzahlung dieser Titel zahlen, als der Nominalwert besagt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat bereits angedeutet, dass der Euro-Rettungsschirm zehn Milliarden Euro für das geplante Schuldenrückkaufprogramm bereitstellen könne. Diese Summe findet sich auch in einem Arbeitspapier der Euro-Gruppe, das dem Tagesspiegel vorliegt. Die Summe teilt sich demnach auf drei verschiedene Optionen zum Aufkauf von Anleihen, die sich noch in privaten Händen befinden. Mindestens zwei Drittel des gut 300 Milliarden Euro hohen griechischen Schuldenbergs gehören mittlerweile öffentlichen Gläubigern – allen voran der EZB und dem Rettungsschirm EFSF, der auf Garantien der Mitgliedstaaten beruht.

Das erste Angebot ergeht an die Besitzer von Anleihen, die Griechenland nach dem Schuldenschnitt im vergangenen Frühjahr ausgegeben hatte. Für rund fünf Milliarden Euro könnten Bonds mit einem Ausgabewert von zehn Milliarden Euro vom Markt genommen werden, heißt es in dem Papier – entsprechend würde dies die griechische Gesamtschuldenquote im Vergleich zur Wirtschaftsleistung in den Jahren 2020 oder 2022 um 2,4 Prozentpunkte senken.

Die zweite Option betrifft die griechischen Banken, die Anleihen ihres Landes im Wert von 14,2 Milliarden Euro halten. Hier gehen die Euro-Länder von 30 Prozent des Ausgabewerts als aktuellem Kaufpreis aus – entsprechend wären 4,2 Milliarden Euro für den Rückkauf nötig. Die Schuldenquote würde 2020 um fünf Prozentpunkte sinken. Das dritte Angebot zielt auf die Anleihebesitzer, die beim formal freiwilligen Schuldenschnitt im Frühjahr nicht mitmachten. Die „Troika“ aus EU, EZB und IWF hält hier den Aufkauf nominaler Schulden in Höhe von einer Milliarde Euro für möglich – zu Kosten von 50 Prozent wie im ersten Fall.

Auf diese angenommenen Werte, die relativ nahe an den aktuellen Kurswerten liegen, zielt die meiste Kritik an dem Rückkaufprogramm. „Eigentlich müsste man so etwas heimlich machen“, sagt Matthias Kullas vom Freiburger Centrum für Europäische Politik, „so kann man davon ausgehen, dass am Markt plötzlich eine Nachfrage entsteht und die Preise für Griechenland-Anleihen deutlich steigen“. Das räumen auch EU-Diplomaten ein; sogar von Hamsterkäufen durch Hedgefonds ist die Rede. Entsprechend schnell soll nach dem Beschluss der Euro-Finanzminister gehandelt werden. „Die Zeit“, so heißt es im Papier der Euro-Gruppe, „ist dabei entscheidend.“

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