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Der Euro, die Griechen und die privaten Gläubiger: Der Streit geht weiter und die Krise auch.

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Griechenland-Hilfen: Streit um private Gläubiger-Beteiligung geht weiter

Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker warnt vor der Ansteckung anderer Länder. Auch zwischen FDP und Union hakt es beim Thema Gläubiger-Beteiligung wieder. Die SPD spricht deshalb bereits von Neuwahlen im Herbst.

Die Einbeziehung der Banken in die Griechenlandhilfe bleibt heftig umstritten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Freitag mit Frankreichs Präsidenten Nicolas Sarkozy vereinbart, mit der Europäischen Zentralbank (EZB) über eine freiwillige Beteiligung der privaten Gläubiger zu sprechen. Der Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker mahnt, die Banken nicht zu zwingen, damit die Schuldenkrise nicht auf Belgien und Italien überspringe.

Eine Bankenbeteiligung an weiteren Finanzhilfen könnte dazu führen, dass die Ratingagenturen Griechenland als zahlungsunfähig einstuften, sagte der luxemburgische Premierminister der "Süddeutschen Zeitung". "Die Pleite kann Portugal anstecken und Irland und dann wegen der hohen Schulden auch Belgien und Italien, noch vor Spanien." Die Ratingagentur Moody's droht Italien bereits mit einer Herabstufung seiner Kreditwürdigkeit von derzeit "Aa2". Italien hat mit 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nach Griechenland den höchsten Schuldenstand in der Eurozone.

Möglicherweise braucht Athen neben dem aktuellen Hilfspaket weitere 120 Milliarden Euro. Deutschland stünde für ein Fünftel gerade. Sollten die Ratingagenturen eine Bankenbeteiligung als Kreditausfall werten, dürfte die EZB griechische Anleihen nicht mehr als Sicherheiten akzeptieren. Dann könnten griechische Banken zusammenbrechen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) rechnet auch bei einer freiwilligen Beteiligung der Banken an Griechenlandhilfen mit einem maßgeblichen Beitrag der privaten Gläubiger. Es müsse versucht werden, in den Verhandlungen einen "substanziellen Beitrag" der privaten Geldgeber zusammenzubringen, sagte Merkel am Samstag in Berlin vor rund 140 Kreisvorsitzenden der CDU. "Das macht man aber nicht auf der offenen Straße." Die Kanzlerin bekräftigte, dass die Gläubigerbeteiligung nur auf freiwilliger Basis möglich sei. Für eine verpflichtende Einbindung gebe es keine rechtliche Grundlage. Hier gebe es auch keinen Dissens zwischen ihr und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Grundsätzlich sei eine gerechte Lastenteilung nötig.

Allerdings droht neuer Streit mit der FDP. Denn die Liberalen hegen Zweifel an der Freiwilligkeit - prinzipiell stehen sie einem neuen Griechenland-Paket skeptisch gegenüber. Die Garantien der Euro-Länder für Athens Schulden könnten nach Ansicht des FDP-Finanzpolitikers Frank Schäffler den deutschen Staat mit Milliarden belasten. Es würden "echte Kosten von 65 Milliarden Euro drohen, wenn nicht sofort eine harte Umschuldung" mit Kürzung erfolge, sagte Schäffler der "WirtschaftsWoche". Bis 2015 würden Athens Schulden von 350 auf 470 Milliarden Euro steigen. Da sich die Banken bis dahin von ihren Staatsanleihen getrennt hätten, bliebe der Steuerzahler als Gläubiger übrig, warnte Schäffler. Auf Deutschland entfielen bei einem EZB-Anteil von 28 Prozent 130 Milliarden Euro. Bei einem Schuldenschnitt von 50 Prozent fielen 2015 also 65 Milliarden Euro Verlust an. Deshalb will Schäffler eine sofortige Umschuldung mit dem gleichen Schnitt. Das würde Deutschland jetzt 15 Milliarden Euro kosten. Außerdem wären private Gläubiger zum großen Teil mit im Boot.

Auch die CSU tritt bei der künftigen Griechenlandhilfe grundsätzlich auf die Bremse. "Sorgfalt geht vor Schnelligkeit. Was Griechenland braucht, sind keine Schnellschüsse, sondern ist solide Hilfe, um wieder auf die Füße zu kommen", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stefan Müller, der Nachrichtenagentur dpa in Berlin. Es gebe keine Zeitnot: "Es wäre richtig, sich mit der Auflage eines neuen Hilfsprogramms auch die nötige Zeit zu lassen." Er erwarte, dass sich der Bundestag nach der Sommerpause mit dem Thema befassen werde.

Die SPD hält Neuwahlen im Herbst bereits für möglich, wenn die Bundesregierung bei der Abstimmung über neue Griechenlandhilfen im Bundestag keine eigene Mehrheit findet. "Die Gefahr, dass Merkel
scheitert, wird immer konkreter. Sie steht kurz vor ihrer größten Krise", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, Spiegel Online. Die Europa-
und Finanzpolitik sei "die Sollbruchstelle" der Bundesregierung. Sollte Athen weitere Milliardenhilfen benötigen, dürfte der Bundestag darüber im Herbst abstimmen. Bundeskanzlerin Angela Merkel sei zu schwach, um in Europa die Forderung durchzusetzen, die Gläubiger an der Rettung Griechenlands substanziell zu beteiligen, sagte Oppermann. "Sollte das so bleiben, muss die Kanzlerin allerdings vor die eigenen Koalitionsfraktionen treten, die gerade das Gegenteil beschlossen haben." Sollte das schwarz-gelbe Bündnis vorzeitig scheitern, werde die SPD sich einer großen Koalition verweigern, fügte er hinzu.

Der finanzpolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament, Sven Giegold, wirft den Banken Wortbruch in der Griechenlandkrise vor. Gegen ihr Versprechen hätten die Banken ihr Engagement schon um ein Drittel auf zehn Milliarden Euro gesenkt, sagte Giegold am Samstag im Deutschlandradio Kultur. Die Politik solle daher mit freiwilligen Absprachen aufhören und wieder Regeln "setzen, die man auch durchsetzt". Die Banken trieben die Politik vor sich her. (dpa)

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