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Ochi - Nein. Vor dem Parlament in Athen hängt ein Syriza-Plakat, auf dem zur Ablehnung des Angebots der Geldgeber aufgerufen wird.

© dpa

Griechenland-Krise: Union uneinig über drittes Hilfspaket

In den Spitzen von Union und SPD wird über ein weiteres Hilfspaket nachgedacht. Doch in der CDU/CSU gibt es Widerstand gegen neue Gelder aus dem Rettungsfonds ESM.

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In der CDU/CSU mehren sich die Forderungen, Griechenland künftig nicht mehr über Euro-Rettungspakete, sondern durch humanitäre und unmittelbare Hilfe für die Privatwirtschaft zu unterstützen. Bevor Griechenland im Chaos versinke, müssten die übrigen 27 EU-Staaten humanitäre Hilfe leisten, sagte der Vorsitzende des EU-Ausschusses im Bundestag, Gunther Krichbaum, am Donnerstag in Berlin. Der CDU-Politiker regte zudem an, die Privatwirtschaft in Griechenland mithilfe von Institutionen wie der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) zu fördern und das Engagement der Europäischen Entwicklungsbank (EIB) zu verstärken. Eine Unterstützung durch den Euro-Rettungsfonds ESM, wie sie der griechische Regierungschef Alexis Tsipras am Dienstag verlangt hatte, lehnte Krichbaum ab. Eine Unterstützung aus dem Krisenfonds ESM wäre gleichbedeutend mit einem dritten Hilfspaket für Griechenland – und dies stößt bei zahlreichen Unionsabgeordneten auf Widerstand.

Tsipras hatte für Griechenland einen neuen Kredit des ESM in Höhe von 29 Milliarden Euro gefordert und gleichzeitig Schuldenerleichterungen verlangt. Dagegen sagte Krichbaum: „Weitere Hilfen für Griechenland auf der Grundlage des ESM kommen nicht infrage.“ Zur Begründung sagte Krichbaum, dass Mittel aus diesem Fonds nur dann fließen könnten, wenn dies zur Wahrung der Finanzstabilität des Euro-Raums insgesamt unabdingbar sei. „Die Ansteckungsgefahr ist nicht mehr gegeben“, sagte der CDU-Politiker und widerspricht damit Befürchtungen, dass eine Pleite Griechenlands einen Dominoeffekt für andere Staaten der Euro-Zone wie Portugal zur Folge haben könnte. Die Zinsen für Staatsanleihen in den betreffenden Ländern hätten am vergangenen Montag nach Tsipras’ Referendums-Entscheidung nicht über Gebühr angezogen, sagte Krichbaum.

Dagegen wird in den Spitzen von Union und SPD über ein drittes Hilfspaket sehr wohl nachgedacht. Die Unions-Fraktionsspitze geht daher nicht so weit wie die Griechenland-Skeptiker. Man hält es eher mit der Kanzlerin und wartet das Referendum am Sonntag ab. „Spekulationen sind so lange sinnlos“, sagt Fraktionsvize Ralph Brinkhaus dem Tagesspiegel. Er weist jedoch darauf hin, dass bei einem Nein-Votum ein ESM-Antrag unlogisch wäre. "Schließlich hätten die griechischen Wählerinnen und Wähler in diesem Fall das Prinzip der Eurogruppe - „Unterstützung gegen Reformen“ - in Frage gestellt.“

Der Bundestag hat beim ESM eine stärkere Mitsprache

Bislang wurde Griechenland neben bilateralen Darlehen europäischer Mitgliedstaaten über das Hilfsprogramm des Euro-Rettungsschirms EFSF unterstützt. Dieses Programm lief in der Nacht zum Mittwoch aus. Der EFSF war zu Beginn der Griechenland-Krise 2010 unter erheblichem Zeitdruck im Verlauf eines Wochenendes geschaffen worden. Erst zwei Jahre später wurde der Euro-Rettungsschirm ESM ins Leben gerufen, der ähnlich wie der Internationale Währungsfonds (IWF) auf Dauer angelegt ist. Zur Stützung pleitegefährdeter Euro-Mitgliedstaaten stehen dem Fonds bis zu 500 Milliarden Euro zur Verfügung. Ähnlich wie beim EFSF handelt der ESM im Fall von Hilfeleistungen mit dem antragstellenden Staat eine Absichtserklärung („Memorandum of Understanding“) aus, in der die Auflagen für die finanzielle Unterstützung festgelegt werden. An den Verhandlungen soll nach Möglichkeit auch der IWF beteiligt sein. Hilfeleistungen des ESM sind an eine stärkere Mitsprache des Bundestages gekoppelt als beim Vorgänger EFSF: Der Bundestag muss nicht nur vor der Auszahlung von Finanzhilfen zustimmen, sondern bereits zuvor auch das Mandat zu Verhandlungen mit einzelnen Krisenstaaten erteilen.

In der Unionsfraktion mehren sich nun die Befürchtungen, dass der IWF aus der Hilfe für Hellas aussteigen könnte. Denn das aktuelle Programm des Internationalen Währungsfonds läuft im kommenden Jahr aus. Bei einer Umschuldung der griechischen Kredite über den ESM wäre der IWF anschließend nur noch beratend an dem ESM-Programm beteiligt. Nun befürchten Unions-Kritiker eines möglichen ESM-Programms für Griechenland, dass die Einhaltung der verlangten Reformen in Athen von europäischen Politikern kontrolliert würde – schließlich sind sie es, die den dauerhaften Krisenfonds der Euro-Zone beaufsichtigen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zwar zuletzt mehrfach beteuert, dass der IWF künftig im Boot bleiben würde. In welcher Form der Fonds weiter an der Griechenland- Rettung beteiligt sein wird – ob mit eigenem finanziellen Risiko oder nur beratend –, ist jedoch bislang offen.

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