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Griechenland-Krise: Gesucht: Ein neuer Rahmen für Europa

Damit sich die Griechenland-Krise nicht wiederholt, stehen nun Reformen auf der Agenda der Europäischen Union.

Die Debatte über die Lehren aus der Euro-Krise läuft schon viele Wochen, doch am Freitagabend hat sie einen Schub von höchster Ebene bekommen. Auf dem Gipfel der 15 Euro-Länder legten die Staats- und Regierungschefs in Brüssel ein Bekenntnis zu Reformen ab, mit denen sich ähnliche Krisen wie in Griechenland künftig vermeiden lassen. Die Grundlage bildeten dabei die Ideen, die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy am Vortag in einem Brief an die EU-Spitzen aufgeschrieben hatten. Der Reformprozess soll bis zum Herbst konkrete Formen annehmen – und nicht nur die europäische Wirtschaftspolitik, sondern auch die Regulierung der Finanzmärkte verschärft in Angriff nehmen. Diese Märkte orientieren sich im Fall Griechenlands augenscheinlich immer weniger an wirtschaftlichen Fakten, sondern wollen eine Pleite des Landes herbeiführen.

Bei den geplanten Reformen macht am Montag das Europaparlament den Anfangt. Dort wird im Wirtschaftsausschuss über ein Paket abgestimmt, das eine starke europäische Finanzaufsicht installieren würde. Auch die 27 EU-Mitgliedstaaten, von denen sich bisher einige vehement gegen europäische Weisungsbefugnisse gegenüber ihren nationalen Behörden stemmen, scheinen sich dieser Position anzunähern. Vor allem die RatingAgenturen, die mit der Herabstufung der Kreditwürdigkeit Griechenlands, Portugals und Spaniens zuletzt noch Öl ins Feuer gegossen hatten, stehen auf dem Prüfstand. So wollen Merkel und Sarkozy „die mögliche Rolle von Rating-Agenturen bei der Verschärfung von Krisen“ untersuchen lassen: „Potenzielle Maßnahmen sollen striktere Standards unter europäischem Recht einschließen“, heißt es in dem gemeinsamen Brief. Die deutsche Regierungschefin und Frankreichs Präsident verpflichten sich zudem, sich auf globaler Ebene für neue Regeln einzusetzen.

Mehr wirtschaftliche Koordinierung, striktere Sanktionen für Defizitsünder und Europas künftiger Umgang mit Krisen à la Griechenland – darum geht es im zweiten Pfeiler der Reformbemühungen. Dazu wird EU-Währungskommissar Olli Rehn am Mittwoch detaillierte Vorschläge vorlegen. Deutschen Diplomaten zufolge werden sie sich vor allem mit Neuerungen befassen, „die ohne Änderung der europäischen Verträge kurzfristig umsetzbar sind“.

Dazu zählen etwa die wirtschaftspolitischen Richtlinien im Rahmen der „EU-2020-Strategie“. Mit einem gemeinsamen Ziel vor Augen sollen die EU-Staaten dabei nationale Zielmarken bei ihren Haushalten, der Wettbewerbsfähigkeit und den Beschäftigungsquoten definieren, die dann jährlich in Brüssel bewertet werden. Zudem ist daran gedacht, in das europäische Defizitverfahren einen Automatismus einzubauen. Sanktionen würden dann sofort und nicht mehr erst dann greifen, wenn alle EU-Finanzminister zugestimmt haben. Außerdem hat EU-Kommissar Rehn bereits vor einigen Wochen von einem Rettungsfonds für vom Bankrott bedrohte Euro-Staaten gesprochen.

Aber auch langfristige Reformen sind gefragt; sie werden allerdings wohl nur mit einer Änderung der europäischen Verträge zu haben sein. Auf deutschen Druck hin hatte der EU-Gipfel Ende März den Ratspräsidenten Herman Van Rompuy mit der Bildung einer Arbeitsgruppe beauftragt, die sich nun am 21. Mai erstmals trifft. Deutschland wird in der Gruppe von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vertreten. Dabei wird sich die Arbeitsgruppe auch mit dem Projekt eines eigenen Europäischen Währungsfonds beschäftigen, das Schäuble im März selber angestoßen hatte. Merkel und Sarkozy erwarten bis Oktober die „Prüfung der Möglichkeiten, für die Zukunft einen robusten Rahmen für die Krisenbewältigung unter Wahrung des Grundsatzes der jeweiligen nationalen Verantwortung für die Haushaltspolitik zu schaffen“.

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