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Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras muss bei weiteren Kürzungen um seine knappe Regierungsmehrheit bangen. Das größte Hindernis wird die geplante Rentenreform.

© RReuters

Griechenland plant weitere Kürzungen: Alexis Tsipras' karges Weihnachtsfest

Die griechische Regierung muss weitere Kürzungen durchsetzen. Alexis Tsipras’ Mehrheit ist dabei nicht sicher. Die politische Stimmung könnte bald kippen. Ein Ausblick.

Für Griechenland geht ein extremes Jahr zu Ende. Passend zu den vergangenen Monaten mit Wahlen, Referendum, Neuwahlen, Verhandlungen, Nachtsitzungen, Beschimpfungen, Demonstrationen und einer Parteispaltung verabschiedet sich der linke Premierminister Alexis Tsipras nicht etwa mit guten Wünschen in die Feiertage, sondern mit einer weiteren Runde Sparmaßnahmen.

Die Geldgeber in Brüssel erwarten bis Mitte Dezember ein Parlamentsvotum für ein sogenanntes „zweites Set an Meilensteinen“. Sonst sei die Grundlage für weitere Auszahlungen nicht gegeben. Die Syriza-Regierung wird also nur wenige Wochen nach einer sehr knappen Abstimmung über den Haushalt 2016 (geplante Einsparungen: 5,6 Milliarden Euro) erneut um eine Mehrheit im Parlament werben – für Maßnahmen, die sie als Partei eigentlich offen ablehnt. Aktuell verfügt die Regierungskoalition noch über eine knappe Mehrheit von drei Sitzen.

„Verglichen zu den vorherigen Beschlüssen, geht es zwar ,nur’ um dreizehn sogenannte „prior actions“, beim letzten Mal waren es immerhin 49, aber manche von ihnen sind sehr schwierig und könnten durchaus noch zu Auseinandersetzungen mit den Geldgebern führen“, sagt Manos Giakoumis, Chefökonom der griechischen Wirtschaftsanalyseseite „Macropolis“. Als Beispiel nennt er die geforderte Privatisierung des Stromverteilers ADMIE. Für Syriza sind Privatisierungen, speziell wenn sie die öffentliche Versorgung wie den Wasser- oder Energiesektor betreffen, eigentlich absolut tabu.

Außerdem soll, so ist es mit den Geldgebern verabredet, eine Gruppe „unabhängiger Experten“ bestimmt werden, um den Privatisierungsfonds zu konkretisieren, der mit Verkäufen in den kommenden Jahren bis zu 50 Milliarden Euro erwirtschaften soll. Eine Zahl, die in Griechenland kaum jemand als realistisch bezeichnet, auf die sowohl Brüssel als auch Athen bei der Sanierung des Landes trotzdem setzen. Nichts davon lässt Tsipras eigene Anhänger applaudieren.

Griechenlands Banken brauchen weniger Staatshilfe als befürchtet

Laut Aussagen des Chefs des Euro-Rettungsfonds ESM, Klaus Regling, hat Griechenland von den als Notkredite bewilligten 86 Milliarden Euro bisher etwa 17,7 Milliarden Euro erhalten. Alexis Tsipras sagte nun mit Blick auf den Rekapitalisierungsbedarf der griechischen Banken, der niedriger ist als befürchtet, dass man die Gelder des Internationalen Währungsfonds eventuell doch nicht brauchen werde. Das ist allerdings umstritten. „Die Rekapitalisierung der griechischen Banken war von einem politischen Blickpunkt aus sehr erfolgreich, weil man nur 5,4 Milliarden Euro Staatshilfe statt der ursprünglich angesetzten 25 Milliarden benötigen wird“, sagt Giakoumis. Gleichzeitig aber wurden Bankanteile für einen Bruchteil ihres Marktwerts an private Investoren vergeben. Dem griechischen Staat, der seit einer ersten Rekapitalisierungswelle 2012 der größte Aktionär der Banken ist, bringt das immense Verluste.

Die griechische Opposition schimpft öffentlich auf Tsipras und seine Entscheidungen. Das hat auch innenpolitische Gründe. So wählt die konservative „Nea Dimokratia“, die von Syriza im Januar an der Staatsspitze abgelöst wurde, am 20. Dezember einen neuen Parteichef. Welchen Kurs der vorgeben wird, ist noch offen. Drei von vier Kandidaten sprechen sich gegen eine mögliche Koalition mit Syriza aus. Es ist aber durchaus denkbar, dass die Konservativen Tsipras zumindest vorübergehend stützen würde, sollte dieser durch unpopuläre Kürzungen seine eigenen Regierungsmehrheit erneut verlieren. Schon im Sommer hatten die konservativen und liberalen Kräfte der Opposition für die Vereinbarungen mit der EU-Troika gestimmt. Eine vierte Wahl innerhalb von einem Jahr wolle niemand, sagen Politikbeobachter.

Griechen schwanken zwischen Resignation und Wut

Die Menschen in Griechenland schwanken derweil zwischen Resignation und Wut. Viele halten Tsipras für einen Verräter, weil er zur Wahl im Januar mit dem Versprechen antrat, die Sparpolitik seiner Vorgänger zu beenden und nun enger mit Brüssel kooperieren muss als je zuvor. Der Generalstreik, mit dem am vergangenen Donnerstag gegen den Kurs der Regierung demonstriert wurde, hatte eine Rekordbeteiligung.

Auch wenn Alexis Tsipras das Jahr 2015 politisch wohl überstehen wird, das nächste Jahr wird für ihn nicht weniger anstrengend. In den griechischen Medien kursieren immer wieder Gerüchte über drastische Rentenkürzungen, die internationalen Geldgeber und Tsipras reden bisher nur von „Reformen“. Ein weiteres gebrochenes Wahlversprechen könnte die politische Stimmung im Land zum Kippen bringen. Keine schönen Aussichten für einen Regierungschef, der auf Wählerstimmen angewiesen ist.

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