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Erstmals kostet die Griechenland-Rettung den deutschen Steuerzahler Geld.

© dpa

Griechenland-Rettung: Deutschland verzichtet auf 730 Millionen Euro

Durch das neue Maßnahmenbündel zur Rettung Griechenlands soll erstmals direkt Geld aus dem Bundeshaushalt fließen. Schon im kommenden Jahr würde dieser mit 730 Millionen Euro belastet. SPD und Grüne signalisieren ihre grundsätzliche Unterstützung - haben aber trotzdem Einwände.

Von
  • Robert Birnbaum
  • Hans Monath
  • Antje Sirleschtov

Nach wochenlangen zähen Verhandlungen ist der Weg für weitere Hilfen für Griechenland frei. Die Finanzminister der Euro-Staaten verständigten sich in der Nacht zu Dienstag auf ein Maßnahmenbündel, das dem überschuldeten Land vorläufig etwas mehr Luft verschaffen soll. Erstmals kommen damit auch konkrete Belastungen auf den Bundeshaushalt zu. Im Bundestag zeichnete sich gleichwohl eine breite Mehrheit ab. Auch SPD und Grüne signalisierten Zustimmung. Die SPD meldete aber Vorbehalte dagegen an, den Bundestag schon am Donnerstag abstimmen zu lassen.

Die Euro-Gruppe beschloss, Griechenland mehr Zeit zu geben und einen Teil der Zinsen zu erlassen, die das Land für seine Rettungskredite zahlen muss. Die Europäische Zentralbank (EZB) soll auf Gewinne aus dem Ankauf griechischer Staatsanleihen verzichten. Dazu kommt ein Schulden-Rückkaufprogramm. Die Maßnahmen sollen die unmittelbar drohende Finanzierungslücke im griechischen Staatshaushalt decken. Ein Schuldenschnitt wurde zunächst vermieden, doch schlossen auch führende Politiker der Koalition nicht mehr aus, dass nach 2014 ein Schuldenerlass auf Kosten der Geberländer nötig wird.

Nach Angaben von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) verzichtet der Bund im Jahr 2013 auf Zinsgewinne in Höhe von rund 730 Millionen Euro, die bisher als paradoxer Effekt der Griechenland-Rettung an die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und die Europäische Zentralbank (EZB) geflossen waren. Ein Nachtragshaushalt wird nach Angaben aus der Regierung trotzdem nicht nötig, weil diese Überschüsse im vorige Woche verabschiedeten Etat nicht als Einnahmen eingeplant gewesen seien.

Schäuble spricht zu Medienvertretern über das Rettungspaket für Griechenland.
Schäuble spricht zu Medienvertretern über das Rettungspaket für Griechenland.

© dapd

Die Einigung stieß in Koalition und Opposition grundsätzlich auf Zustimmung. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte, er werde kein Verhalten empfehlen, das auf einen Staatsbankrott Griechenlands hinauslaufen würde. Kanzlerkandidat Peer Steinbrück verglich die Lage der SPD-Fraktion mit einer griechischen Tragödie: „Wir können tun und lassen, was wir wollen – wir sind im Zweifel immer in einer Mitverantwortung.“ Er warf der Regierung zugleich vor, sich vor notwendigen einschneidenden Maßnahmen zu drücken: „Die Stunde der Wahrheit steht nach wie vor aus“. Auch Grünen-Fraktionschefin Renate Künast signalisierte vorsichtig Bereitschaft zu einem Ja. Zunächst müssten aber die Details vorliegen. Künast rief Bundeskanzlerin Merkel auf, endlich die Wahrheit in dem Fall zu sagen. „Die heißt nämlich: Dieses dritte Griechenlandpaket kostet. Und es wird auch in Zukunft Geld kosten, Griechenland und damit den Euroraum zu retten.“ Die Linke kritisierte die Einigung. Parteichef Bernd Riexinger schrieb beim Kurznachrichtendienst Twitter: „Auch das neue Griechenlandpaket pumpt Steuergeld in Banken. Wir haben diesen Wahnsinn immer abgelehnt und werden auch diesmal Nein sagen.“ Die parlamentarische Geschäftsführerin der Linksfraktion, Dagmar Enkelmann, bezeichnete die Beschlüsse als Flickschusterei und Aktionismus.

Die Spitzen der Koalition rechneten angesichts ruhig verlaufender Debatten in ihren Fraktionen damit, dass Union und FDP eine eigene Mehrheit für das Paket bekommen werden. Umstritten ist der Zeitpunkt der Abstimmung. Während die Koalition den Bundestag am Donnerstag beschließen lassen will, forderte die SPD zusätzliche Beratungszeit. Bisher könne man die Details der Beschlüsse und ihre Folgen nicht hinreichend beurteilen, rügten Steinmeier und Steinbrück.

Der Europäische Gerichtshof erklärte derweil den ständigen Euro-Rettungsschirm ESM für rechtens. Das oberste europäische Gericht wies die Klage eines irischen Abgeordneten zurück, der in dem ESM einen Verstoß gegen den Vertrag von Lissabon gesehen hatte.

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