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Jeder Cent zählt. Ein Mann in Athen möchte Luftballons an Urlauber verkaufen.

© AFP

Griechenland und die Eurogruppe: Stimmung auf dem Tiefpunkt

Griechenland hat wieder einiges getan, um seine Partner gegen sich aufzubringen. Trotz der Misstöne scheinen sich die Troika und Griechenland auf neue Gespräche verständigt zu haben.

Wenn sich auf Ausgleich getrimmte Diplomaten in Sarkasmus flüchten, verheißt das nichts Gutes. „Ich muss die Griechen loben, weil sie über das Wochenende wirklich alles für ein angenehmes Verhandlungsklima getan haben“, sagte ein hochrangiger EU-Diplomat am Rande des Finanzministertreffens am Montag. Der ironische Kommentar war darauf gemünzt, dass Athens Außenminister Nikos Kotzias „kulturellen Rassismus“ gegenüber seinem Land beklagt und sein für die Finanzen zuständiger Kollege Yanis Varoufakis eine Volksabstimmung oder Neuwahlen angekündigt hatte, falls die Euro-Gruppe nicht seine Reformvorstellungen absegnen und weiteres Geld bereitstellen sollte. Dazu kam noch die Drohung des Verteidigungsministers, Flüchtlinge unkontrolliert nach Europa einreisen zu lassen.

Nur zweieinhalb Wochen nach dem Formelkompromiss zwischen der Euro-Gruppe und Griechenland, der den Weg für eine viermonatige Verlängerung des Hilfsprogramms ebnen sollte, ist die Stimmung zwischen den Geldgebern und der griechischen Regierung wieder am Tiefpunkt angekommen. Hauptgrund dafür ist aus Brüssler Sicht, dass die EU-Geldgeber noch keinen Einblick in die Bücher erhalten haben – obwohl am 20. Februar vereinbart worden sei, „in enger Übereinstimmung zu arbeiten“.

Brüssel will wissen, wie es um Griechenlands Finanzen wirklich steht

Die Kenntnis über den Zustand der griechischen Staatskasse ist für Brüssel deshalb so wichtig, weil neben den laufenden Ausgaben in nächster Zeit auch einige Kredite zurückbezahlt werden müssen – etwa an den Internationalen Währungsfonds. „Die Lage ist kritisch. Wir müssen dringend einen Ausweg finden“, sagt ein Regierungsvertreter Belgiens, „weil der Regierung mit den wegbrechenden Steuerausnahmen das Geld ausgeht und weiter viel Kapital aus dem Land abfließt.“ Die Athener Regierung hat im Februar schon nicht mehr alle Beamtengehälter ausgezahlt und die eigene Rentenkasse beliehen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass es zur Zahlungsunfähigkeit und als Folge möglicherweise zu einem Austritt aus der Euro- Zone kommt, ist damit wieder gestiegen. Für die Euro-Gruppe hatte deshalb am Montag nicht etwa der Brief von Minister Varoufakis mit neuen Reformvorschlägen Priorität, sondern die Wiederaufnahme der Troika-Gespräche. „Ein Kassensturz ist die Basis dafür, dass wir mit Athen darüber reden können, welche ihrer Projekte mit welchen Haushaltsfolgen möglich sind“, sagte ein Vertreter der Europäischen Zentralbank. Bisher jedoch besteht Athen darauf, nicht mit den Beamten verhandeln zu wollen – sondern auf höchster politischer Ebene. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble aber sagte am Montag: „Das ist Sache der Troika“ – und benutzte damit genau das Wort, dessen Abschaffung Griechenland als kleiner Verhandlungserfolg zugebilligt worden war.

Am Mittwoch wird weiter geredet

Ein Beschluss über den Beginn der Gespräche und ein Zeitplan war am Montag daher aus EU-Sicht das Mindeste, was am Ende vereinbart werden sollte. Nach nicht einmal zwei Stunden wurden sich die Minister nun wenigstens darüber einig, dass die Gespräche auf Arbeitsebene am Mittwoch wieder aufgenommen werden. Der Kompromiss sieht vor, dass sie – wie von Varoufakis gefordert – in Brüssel stattfinden. „Griechenland will einfach nicht, dass die Troika pressewirksam nach Athen einfliegt“, sagte ein EU-Diplomat. Ein Sprecher der EU-Kommission kündigte aber an, dass „zu bestimmten Aspekten auch vor Ort in Athen gemeinsame technische Arbeit“ geleistet werden soll.

In Athen werden die Verhandlungen und Rückschläge mit wachsender Sorge betrachtet. Vor allem Finanzminister Yanis Varoufakis ist kein altgedienter Parteipolitiker, er ist als prominenter Ökonom von Syriza ins Amt geholt worden. In der eigenen Partei hat er nicht nur Fans. Sein neuster Vorstoß, die Volksbefragung, wird aber durchaus ernsthaft diskutiert. Viele Griechen finden es sinnvoll, die Wähler vor einer weiteren Zusammenarbeit mit der Troika zu befragen. Allerdings ist unklar, wie sich Syriza in einem solchen Fall positionieren würde: für den Bruch mit der Troika oder für den ausgehandelten Text, selbst wenn die Maßnahmen den eigenen Wahlversprechen entgegenstehen.

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