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Jung, aber kein politischer Anfänger: Alexis Tsipras.

© dapd

Griechenlands Linke: Keine Einigung in Athen

Auch die zweite Runde der Sondierungsgespräche zur Bildung einer Koalitionsregierung in Athen ist gescheitert. Die Forderungen der radikalen Linken gelten als nicht mehrheitsfähig. Neuwahlen werden immer wahrscheinlicher.

Griechenland taumelt weiter am Abgrund des Chaos entlang. Alexis Tsipras, Führer des Bündnisses der radikalen Linken (Syriza), das als zweitstärkste Partei aus der Wahl vom vergangenen Sonntag hervorgegangen war, scheiterte am Mittwoch mit seinen Sondierungen zur Bildung einer Regierungskoalition. Tsipras konnte sich am Mittwoch in getrennten Gesprächen mit dem Vorsitzenden der Konservativen, Antonis Samaras, und Sozialistenchef Evangelos Venizelos nicht auf die Bildung einer Regierung mit anderen Kräften im Parlament einigen. Nun will Venizelos, dessen Sozialisten bei der Wahl auf dem dritten Platz gelandet waren, an diesem Donnerstag das Heft selbst in die Hand nehmen und seinerseits die Sondierungsgespräche zur Regierungsbildung fortsetzen.

Bereits am Mittwochnachmittag hatte ein Treffen zwischen Tsipras und dem Führer der ultra-nationalistischen Unabhängigen Griechen, Panos Kammenos, keine Annäherung gebracht. Man habe festgestellt, dass es keine parlamentarische Mehrheit für eine Regierung gegen das Sparprogramm gebe, sagte Kammenos nach dem Treffen.

Von Anfang an waren Tsipras keine großen Erfolgsaussichten eingeräumt worden. Denn er stellt für die Bildung einer Regierung Bedingungen, die nicht mehrheitsfähig erscheinen, darunter die sofortige Annullierung der Kreditverträge und die Einstellung des Schuldendienstes. Das würde den unmittelbaren Staatsbankrott bedeuten.

Während der Sondierungsgespräche tat Tsipras so, als sei er schon griechischer Ministerpräsident. Am Mittwoch schickte der Chef des Syriza-Bündnisses Briefe an die EU-Kommission, den Internationalen Währungsfonds (IWF) und die Europäische Zentralbank. Darin erklärte er, die von der Vorgängerregierung geschlossenen Kreditverträge seien durch das Ergebnis der Parlamentswahl vom Sonntag null und nichtig.

Die Parlamentswahl in Bildern:

Dass Tsipras so auf die Pauke haut, entspricht seinem Naturell. Mit 37 Jahren ist er Griechenlands jüngster Parteichef, aber kein politischer Anfänger. Seit Ende der 80er Jahre ist er aktiv, organisierte als Mitglied der Kommunistischen Jugend Streiks und Schulbesetzungen. Schon damals wurde deutlich: Tsipras flirtet mit der Gewalt als Mittel des politischen Kampfes. Als im Dezember 2008 nach dem tödlichen Schuss eines Polizisten auf einen 15-jährigen Schüler vermummte Chaoten Nacht für Nacht Autos abfackelten, Bürogebäude in Brand steckten, Geschäfte plünderten und Bankfilialen verwüsteten, zeigte Tsipras Verständnis für diese Gewaltorgie.

Das Programm der griechischen Linken stößt auf wenig Begeisterung in Brüssel.

Zehn Monate zuvor war er zum Vorsitzenden der Linkspartei Synaspismos gewählt worden. In dieser Eigenschaft führt er die Syriza, ein Bündnis von neun linksextremen und kommunistischen Parteien. Darunter sind viele politische Sektierer, entsprechend vage sind die programmatischen Aussagen, die für diese unterschiedlichen ideologischen Strömungen als kleinster gemeinsamer Nenner dienen. Tsipras gibt einerseits vor, er werde am Euro festhalten. Andererseits will er die Hilfskredite aufkündigen, den freien Kapitalverkehr unterbinden und die Schulden streichen.

Dass seine Politik auf wenig Begeisterung in Brüssel stößt, wundert kaum. Zum Chor der Warner in Europa gesellte sich Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn. Er mahnte die Griechen, solche Parteien zu unterstützen, die sich zum Sparkurs bekennen. Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) warnte, das griechische Volk müsse entscheiden, ob es in der Euro-Zone bleibt oder nicht.

In Athen verdichten sich indes die Anzeichen für Neuwahlen. Falls auch Venizelos’ Sondierungen scheitern, könnte Präsident Karolos Papoulias das in der Verfassung vorgesehene Treffen aller Führer der Parlamentsparteien einberufen. Ergibt sich auch dabei keine Möglichkeit einer Regierungsbildung, müssen binnen 30 Tagen Neuwahlen stattfinden.

Der konservative Parteichef Antonis Samaras kündigte mit Blick auf Neuwahlen Initiativen zur Bildung einer „pro-europäischen Mitte-Rechts-Front“ als Antwort auf Tsipras’ „linke, anti-europäische“ Position an. Hintergrund: In der konservativen Nea Dimokratia, die zwar als größte Partei aus der Wahl hervorging, mit knapp 19 Prozent aber das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte erzielte, wächst die Kritik an Samaras. Der Schock über das Wahlergebnis sitzt zwar bei konservativ-liberalen Politikern tief. Aber ob es Samaras gelingen wird, die Mitte-Rechts-Kräfte zu einen, bleibt offen.

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