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Brown

© AFP

Großbritannien: Abstimmung über Terrorgesetz wird Vertrauensfrage für Brown

Die Briten rätseln, warum Premier Gordon Brown am Mittwochabend im Unterhaus bei einer Kampfabstimmung um das neue Terrorismusgesetz alles auf eine Karte setzt.

Denkt er an die nationale Sicherheit? Will er sich den Wählern als Garant von Recht und Ordnung empfehlen? Will er beweisen, dass er noch politische Autorität hat? Schließlich hat Brown derzeit sogar schlechtere Zustimmungswerte als der nach einem Jahr abgesetzte frühere Tory-Parteichef Iain Duncan Smith.

„Die heutigen Bedrohungen durch Terroristen sind in Größe und Natur anders als alles, was wir kennen“, schrieb Brown in der „Times“ und bezeichnete es als Sache des „nationalen Interesses“, die Haftdauer von Terrorverdächtigen vor Anklageerhebung auf 42 Tage zu verlängern. Kritiker wie der Tory-Abgeordnete John Redwood sehen diese Maßnahme als reine Geste: „Wenn er gewinnt, kann er uns tagelang erzählen, wie stark, tapfer und konsequent er auf der Seite des Volkes steht“.

Labour hat eine Mehrheit von 65 Stimmen. Aber eine Koalition aus Labourlinken, Liberaldemokraten und Tories könnte das Gesetz zu Fall bringen – und möglicherweise Brown dazu. So wacklig ist die Abstimmung, dass Labor absolute Präsenzpflicht verordnete. Außenminister Miliband bricht eine Nahostreise ab, um an der Abstimmung teilzunehmen. „Dies ist keine Vertrauensabstimmung. Wenn es eine wäre, würden wir sie leicht gewinnen“, betonte Innenministerin Jacqui Smith, die für das Gesetz verantwortlich ist. Aber intern sollen linke Labourrebellen von ihren Fraktionseinpeitschern gewarnt werden: „Wenn ihr gegen das Gesetz stimmt, kriegt ihr Miliband als neuen Parteichef.“

65 Prozent der Briten unterstützen das Gesetz zwar. Aber eine breite Phalanx von Verbänden, Politikern und Menschenrechtsverbänden spricht von einer „Wasserscheide der Menschenrechte“. So formulierte es Amnesty-International-Direktorin Kate Allen in einem persönlichen Schreiben an alle Abgeordneten.

Die Direktorin der angesehenen Gruppe Liberty, Shami Chakrabarti, warnte: „Dies wird den Werbeoffizieren des Terrorismus in die Hände spielen. Es bringt uns aus dem Gleichdschritt mit der internationalen Gemeinschaft“. Auf den Nenner brachte den Widerstand der Labourrebell Harry Cohen: „Wenn wir unsere Bürgerrechte zerstören, hat Al Qaida gewonnen“.

Schon Tony Blair scheiterte 2005 mit einem Versuch, die Haftfrist vor Anklage auf 90 Tage zu verlängern und musste sich nach bitteren Gefechten mit seinen Hinterbänklern mit den derzeit geltenden 28 Tagen begnügen. Damals hatte Scotland-Yard-Chef Ian Blair für die Verlängerung geworben. Nun halten sich Terrorfahnder und Geheimdienste auffallend zurück. Sogar Geheimdienstchef Jonathan Evans meldete sich zu Wort, weil Innenministerin Jacqui Smith zugab, dass die Geheimdienste die Verlängerung gar nicht verlangen. „Es ist nicht unsere Aufgabe, die Regierung in Fragen der Haftdauer zu beraten“.

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