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Der Sparkurs des britischen Regierungschef David Cameron steht zunehmend in der Kritik.

© AFP

Großbritannien: Cameron und die Milch

Der britische Regierungschef steht unter Druck. Sogar Parteifreunde empfinden ihn als abgehoben.

Nachdem es für David Cameron einen Monat lang verheerende Negativ-Schlagzeilen gehagelt hatte, bekam der britische Regierungschef am Dienstag die Rechnung präsentiert. Cameron und seine konservative Regierungspartei brachen in einer Meinungsumfrage regelrecht ein. Für den Premierminister kommt erschwerend hinzu, dass die Kritik an seiner Regierungsführung aus den eigenen Reihen immer lauter wird. Am härtesten schlug Nadine Dorries zu. Großbritannien werde „von zwei hochnäsigen Boys“ regiert, „die nicht wissen, wie viel das Pint Milch kostet“, ätzte die Tory-Hinterbänklerin. Mit den „Boys“ meinte sie Cameron und seinen Schatzkanzler George Osborne.

Dann geriet Camerons Regierung noch wegen eines vernichtenden Berichts eines Unterhausausschusses unter Druck. Der von dem Konservativen Bernard Jenkin geleitete Verwaltungsausschuss bescheinigte der Regierungskoalition der Konservativen und der Liberaldemokraten, dass sie es an strategischer Weitsicht fehlen lasse und politische „Flickschusterei“ betreibe. Als Beispiele nannte Jenkin das mögliche Scheitern der britischen Atomenergie-Projekte und das Gerangel um den Bau eines neuen Flugzeugträgers. Sogar hinter das Kernprojekt der Koalition, die Haushaltssanierung, setzte der Ausschuss ein Fragezeichen.

Um den Streit um den neuen Haushalt ging es auch, als Hinterbänklerin Nadine Dorries über die „Abgehobenheit“ der Regierung klagte. Osborne machte sich nicht nur unbeliebt, als er Steuersenkungen für die Reichen verordnete und Rentner verstärkt zur Kasse bat. Den Ausschlag gab die Verteuerung warmer „Cornish Pasties“, die bisher, anders als etwa warme Fish & Chips, von der Mehrwertsteuer ausgenommen waren. Die Preiserhöhung wurde als Attacke der Regierung auf die Arbeiterklasse und ihre Grundnahrungsmittel gebrandmarkt.

Als Nächstes brachte ein drohender Streik von Tankwagenfahrern die Regierung in die Bredouille: Kabinettsamts-Minister Francis Maud gab angesichts der drohenden Benzinknappheit den Rat, man sollte doch Benzinkanister füllen und in die Garage stellen. Allerdings übersah er dabei, dass die wenigsten Briten eine Garage haben. Seine Bemerkung führte am Ende dazu, dass Panikkäufer die Tankstellen lahmlegten.

Am Dienstag rutschten die Konservativen nun nach all diesen Querelen nach einer von der Zeitung „Guardian“ veröffentlichten Umfrage von 39 auf 33 Prozent ab, während die Labour-Partei mit 41 Prozent ihren höchsten Wert seit neun Jahren erreichte. Würde jetzt eine Unterhauswahl stattfinden, würden die Liberaldemokraten, die Koalitionspartner der Tories, praktisch ausradiert. Am 3. Mai steht in England nur eine umfassende Kommunalwahl bevor – die Koalition muss mit einem Denkzettel rechnen.

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