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Tag der Entscheidung. David Cameron und seine Frau Samantha verlassen am Donnerstag das Wahllokal in Spelsbury.

© Reuters

Großbritannien: Camerons Spiel mit dem Feuer

Der amtierende britische Premier David Cameron hat den Wählern anders als sein Labour-Herausforderer Ed Miliband ein Referendum über den Verbleib Großbritanniens versprochen. Deshalb setzen auch CDU-Leute wie Elmar Brok auf einen Sieg des Sozialdemokraten Miliband.

Es kommt nicht alle Tage vor, dass sich ein CDU-Mann den Wahlsieg eines Sozialdemokraten wünscht. Aber die Wahl in Großbritannien ist keine Abstimmung wie jede andere in Europa. Die bislang regierenden britischen Tories haben sich inzwischen so weit vom Mainstream der europäischen Konservativen entfernt, dass der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok es für die „bessere Variante“ hält, wenn der sozialdemokratische Labour-Chef Ed Miliband künftig an Stelle des Tory-Vorsitzenden David Cameron Regierungschef von Großbritannien würde.
Dass Europapolitiker wie Brok in Brüssel derzeit einen sorgenvollen Blick nach Großbritannien richten, liegt an dem Referendum über einen Verbleib in der EU, das Cameron seinen Wählern bis 2017 versprochen hat. „Wenn Cameron wieder ins Amt kommt, wird er ständig von den Euro-Skeptikern erpresst werden“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament dem Tagesspiegel. Wenn andererseits Miliband eine Regierungsbildung gelänge, dann würde dem Sozialdemokraten die Erpressung durch die schottischen Nationalisten drohen, sagte Brok weiter. Die Scottish National Party (SNP) würde gern eine Labour-Regierung unterstützen, stellt aber radikale Forderungen wie die Abschaffung des in Schottland stationierten britischen Nukleararsenals. Aber diese Konstellation erscheint dem Europaabgeordneten Brok offenbar als das geringere Übel. Der Grund: Anders als Cameron will Miliband kein EU-Referendum, das im äußersten Fall auch zum Austritt Großbritanniens aus der Gemeinschaft führen könnte.

Auch in Berlin warnen Europapolitiker vor einem Referendum

Nicht nur in Brüssel, sondern auch in Berlin sehen Europapolitiker Camerons Spiel mit dem Feuer mit Unbehagen. „Ein Referendum birgt ein hohes Risiko und ist unnötig“, sagte der europapolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Manuel Sarrazin. „Wenn es ein Referendum gäbe, würde das auch die schottische Frage wieder aufkommen lassen“, so Sarrazin. Noch im vergangenen September hatte sich bei einer Volksabstimmung eine Mehrheit der Schotten für einen Verbleib im Vereinigten Königreich ausgesprochen. Anders als viele Konservative in England haben aber die Schotten grundsätzlich kein Problem mit der EU-Mitgliedschaft. Eine mehrheitliche Referendums-Absage der Briten an die EU dürfte daher auch Forderungen nach einer kompletten Loslösung Schottlands von London wieder aufleben lassen.

Ob sich ein EU-Referendum langfristig mit einer Amtsübernahme Milibands verhindern ließe, ist allerdings keineswegs ausgemacht. So wagt die liberale Denkfabrik „Open Europe“ die Prognose, dass sich das Risiko eines Austritts Großbritanniens aus der EU innerhalb der nächsten zehn Jahre noch erhöhen würde, falls Miliband an die Macht kommen sollte. Dem Szenario der Denkfabrik zufolge würden sich die britischen Konservativen nämlich in der Opposition weiter radikalisieren und auf einen EU-Austritt hinarbeiten, sobald sie wieder an der Macht sind.

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