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Großbritanniens Schatzmeister George Osborne ist stolz auf die geringeren Schulden.

© Ben Stansall/AFP

Großbritannien: Der disziplinierte Schatzkanzler

Finanzminister George Osborne hat vor dem Unterhaus seinen Haushalt vorgestellt – mit weniger Schulden. Ein willkommenes Wahlkampfargument für die Tories vor dem Urnengang am 7. Mai.

„Keine Wahlgeschenke, keine Mätzchen“, hatte der britische Schatzkanzler George Osborne im Wahlkampf versprochen. Aber es fehlte nicht an theatralischen Überraschungseffekten, als er am Mittwoch im Unterhaus mit seiner Haushaltsrede die Weichen für die Wahl am 7. Mai stellte und versuchte, der Labour-Opposition Wind aus den Segeln zu nehmen.

„Wir haben einen Plan, der Plan funktioniert und Großbritannien geht wieder aufrecht“, fasste Osborne fünf Jahre Wirtschaftspolitik der Koalition zusammen. Der Mindestlohn sei überraschend stark angehoben worden, die „Google-Steuer“ gegen das Steuerdumping von internationalen Großunternehmen sei populär, und der Abbau von Steuerprivilegien der Reichen bei der Altersvorsorge fördere den Gleichheitsgedanken. Vor allem, hob Osbourne hervor, wurde die Schwelle, ab der Einkommenssteuer gezahlt werden muss, auf 11 000 Pfund (15 500 Euro) im Jahr angehoben – 27 Millionen Arbeitnehmer profitierten davon, vier Millionen Menschen im Niedriglohnbereich zahlten überhaupt keine Steuern mehr. Alles, um zu beweisen, dass die Tories nicht nur eine Partei für Reiche und Privilegierte sind.

Arbeitslosigkeit auf niedrigstem Stand seit 1975

Vor fünf Jahren habe Großbritanniens Wirtschaft einen Kollaps erlitten, „der größer war als in fast jedem anderen Land“. Nun präsentierte er sein Land als Wachstumsweltmeister. Die britische Haushaltsbehörde setzte für 2015 das Wachstum auf 2,5 Prozent des BIP hinauf – „50 Prozent höher als Deutschland“, triumphierte Osborne. Die Arbeitslosigkeit sei auf dem niedrigsten Stand seit 1975, Yorkshire allein habe im letzten Jahr mehr neue Jobs geschaffen als ganz Frankreich, der Lebensstandard für alle sei höher, seit die Koalition das Ruder übernommen habe.

Ausgabenschwemme gestoppt

Dann kam der Überraschungscoup: Trotz eines immer noch hohen Defizits von vier Prozent im neuen Haushaltsjahr nutzt Osborne Sondereinnahmen aus dem Verkauf von Aktien der vom Steuerzahler geretteten Lloyds Bank, um den Anteil der Staatsschulden zum ersten Mal seit Jahren zu senken – von 80,4 auf 80,2 Prozent, gemessen am Bruttosozialprodukt. Damit signalisierte er, dass sich an der Haushaltsvernunft der Tories auch im Wahlkampf nichts ändere. Osbornes Dauerslogan lautet, Labour habe in der Wachstumsperiode der neunziger Jahren eine Ausgabenschwemme losgetreten, „statt das Dach zu reparieren, als die Sonne schien. Nun beginnt die Sonne zu scheinen und wir reparieren das Dach.“

Opposition kritisiert Sparkurs

Der Labour-Partei geht der Tory-Sparkurs jedoch zu weit. Aus „ideologischen Gründen“ wolle Osborne den Staatsanteil an der Wirtschaft auf das Niveau der 1930er Jahre senken und gefährde damit öffentliche Dienste – den staatlichen Gesundheitsdienst NHS, die Altenpflege, die Polizei, die Armee. „Wo war der NHS in dieser Haushaltsrede?“, fragte Labourchef Ed Miliband in seiner Erwiderung.

In Umfragen liegen Labour und Konservative Kopf an Kopf. Labour sehen die Briten als die Partei, die das Herz auf dem rechten Fleck haben mag, es aber an Regierungskompetenz und Haushaltsdisziplin fehlen lässt. Die Tories halten sie zwar für eine kompetente Regierungspartei, der es aber an Verständnis für die Nöte der Menschen fehlt.

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