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Total verzockt: David Cameron erklärt das Brexit-Votum.

© REUTERS

Großbritannien nach dem Brexit: David Cameron soll sich trollen

Cameron hat Großbritannien aus der EU geführt. Die Jungen und Schlauen machen schon mobil. London soll verhandeln – aber bloß nicht mehr der Premier. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Die Kritik an der EU ist mehr als berechtigt. Der Austritt als Konsequenz ist falsch. Das ist in etwa so, als würde man bei einem Getriebeschaden das Fahrzeug nicht in die Werkstatt bringen, sondern aus lauter Wut darüber mit vollem Gepäck auf den Esel umsteigen.

schreibt NutzerIn orbital

Die Welt ist keine Insel. Es sei denn, man betrachtet sie von weit draußen. Vielleicht vom Mond aus gesehen. Und dahin müsste einer geschossen werden, der dieser Tage geglaubt hat, alles drehe sich um seine Insel: David Cameron.

Das ist der britische Premierminister, der nicht nur das vormalige Großbritannien aus der Europäischen Union geführt, sondern womöglich am Ende auch noch das Vereinigte Königreich zerstört hat. Die Schotten wollen weg. Die Nordiren auch. Dazu Gibraltar und London. Das hat Cameron geschafft. Nicht er allein, aber er vor allem. Wegen einer innerparteilichen Kontroverse. Und weil er dem Druck nicht standgehalten hat.

Cameron, das ist der Name eines Clans, mit dem 1746 in der grausamen Schlacht von Culloden der schottische Traum von Eigenständigkeit zugrunde ging. Und Cameron ist der Name des Mannes, mit dem 2016 die schottische Eigenständigkeit Wirklichkeit werden könnte. Manchmal schlägt die Geschichte Kapriolen, ironische, die in diesem Fall irgendwie sogar dem schwarzen britischen Humor entsprechen. Die Komiker von Monty Python hätten es sich nicht besser ausdenken können.

Wir sind leider nicht in einem schlechten Film

David Cameron – er erinnert daran, wie ihn vor gar nicht allzu langer Zeit dieser eine Parlamentarier beschrieben hat, der, nun ja, Aufsehen erregt hat. Für den war Cameron der dümmste Premier der jüngeren Geschichte. Der das sagte, war natürlich einer der Opposition. Und er sagte das mit Strapsen im Bett einer Prostituierten. Wer nimmt so einen schon ernst. Einen Narren. Außer, er bekommt recht.

Nur leider ist das alles gar nicht witzig. Es ist kein Film, der nach anderthalb Stunden endet. Das, was gegenwärtig geschieht, ist bittere Wirklichkeit. EU-Europa wackelt. Der Euro auch. Aus Great Britain wird womöglich Little Britain. Wer kann eigentlich im Ernst glauben, dass 58 Millionen Engländer (und Waliser) in einer Welt bestehen, die von riesigen Handelsnationen beherrscht wird und von großen Handelseinheiten? Von China, Indien, den USA und von immer mehr Zusammenschlüssen, um ökonomisch in der Globalisierung zu bestehen? Wenn einer das wirklich im Ernst glaubt, denkt er bestimmt auch, dass das Commonwealth zurückkehrt, mit Reichtum, Einfluss und Macht. Dann ist der so, wie ihn dieser Brite mit den Strapsen beschrieben hat.

Die wichtigsten Versprechen der Brexit-Befürworter sind schon kassiert

Und jetzt? Die wichtigsten Versprechen der Brexit-Befürworter sind schon kassiert. Von wegen 350 Millionen Pfund pro Woche für das Gesundheitswesen. Unglaublich, diese Dreistigkeit. Sie ist aber auch eine Chance. Soll London doch über den Ausstieg aus der EU verhandeln, schnell – und dann über das Ergebnis ein neues Referendum ansetzen. Die Jungen, die Schlauen, die Schotten und die Nordiren machen schon mobil. Die wollen nicht aus der EU heraus, weil Europa für sie immer noch mehr Zukunft hat als das Commonwealth.

London soll verhandeln – bloß nicht mehr David Cameron. Der soll sich trollen, auf eine andere Insel dieser Welt. Die Bermudas vielleicht, da kann er kurze Hosen tragen. Oder St. Helena. Da kommt man nicht so leicht hin und wieder weg.

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