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Großbritannien: Premier Brown greift auf Ideen Tony Blairs zurück

Im Mai 2010 wählt Großbritannien das Unterhaus. Ministerpräsident Gordon Brown versucht nun, mit Initiativen seines Vorgängers Tony Blair die Wähler für seine Partei zu gewinnen. Doch die sind Labour so fern wie nie.

Allein fünf Mal benutzte Gordon Brown das Wort „kämpfen“ in der ersten Minute seiner Parteitagsrede am Dienstag in Brighton – er meinte den Kampf gegen den Frust seiner Parteifreunde, um die Zukunft der Labour-Partei, den scheinbar aussichtslosen Kampf um den Wahlsieg 2010 und wohl auch den Kampf um sein eigenes Schicksal. Dem Appell zum Kampf folgten ein Feuerwerk politischer Errungenschaften und das Versprechen, die Konjunktur wieder in Schwung zu bringen, die politischen Institutionen zu reformieren, mit Filz und Selbstbereicherung aufzuräumen und noch entschlossener gegen asoziales Verhalten und Verbrechen zu kämpfen.

Die Delegierten riss es aus den Stühlen: Stehender Beifall nach zwei Minuten. So hatten viele Parteimitglieder ihren eher trockenen und derzeit arg angeschlagenen Parteichef lange nicht erlebt. Viele halten Brown für den falschen Mann an der Spitze, Labour liegt in Umfragen meilenweit hinter der Konservativen Partei von Oppositionschef David Cameron. Doch zumindest vorübergehend konnte Brown die Hoffnung auf einen vierten Wahlsieg in Folge wecken: „Träumt keine kleinen Träume, denn sie können die Welt nicht ändern. Träumt große Träume“, rief er den Delegierten zu. Den Konservativen warf er vor, sie hätten die Rezession „untätig" über Großbritannien hereinbrechen lassen, wären sie am Ruder gewesen.

Es war Browns letzter Versuch vor der wohl im Mai 2010 anstehenden Unterhauswahl, die Verbindung seiner Partei mit dem Wahlvolk wiederherzustellen und Labour als Partei der Mitte zu positionieren: „Wir sind die Underdogs, die Außenseiter“, hatte Wirtschaftsminister Peter Mandelson am Montag zugegeben.

Nun kehrt Brown zu Politikinitiativen seines Vorgängers Tony Blair zurück. Er versprach harte Maßnahmen gegen asoziales Verhalten und „die Minderheit, die nur von ihren Rechten spricht, aber nie ihre Verantwortung akzeptiert. Wo immer es antisoziales Verhalten gibt, wir sind da, um es zu bekämpfen“.

Denn die Medien waren gestern nicht von Berichten über den Labourparteitag, die Verlängerung der Abwrackprämie oder neue Gesetze zur Regulierung von Bankerboni bestimmt, sondern von der Geschichte einer Mutter, die ihre behinderte Tochter und dann sich selbst tötete, weil sie zehn Jahre lang von Jugendbanden drangsaliert wurden – ohne dass die Polizei ihre Dutzende von Hilferufen beachtete. Solche Geschichten illustrieren griffig die Wahlkampfthese der Konservativen von Labours „zerbrochener Gesellschaft“.

Die Wähler, die Tony Blair 1997 in seinem historischen Wahlerfolg aus dem konservativen Lager herüberzog, laufen Labour davon. Laut einer Umfrage liegt Labour mit 24 Prozentpunkten sogar hinter den Liberaldemokraten mit 25 Prozent. Die Konservativen liegen mit 36 Prozent vorn, sind aber gegenüber der früheren Umfrage des Instituts deutlich abgerutscht. – Das wirkt wie eine Kopie des Bundestagswahlergebnisses in Deutschland.

„Wir müssen das Schwindelpaket des Tory-Angebots entlarven“, forderte Außenminister David Miliband griffig. Doch in Wahrheit tut sich Labour nach über einer Dekade an der Regierung schwer mit Mandelsons Kampfruf: „Neue Reformen, neue Politik, ein neues Denken“. Brown versprach jetzt nach zehn Jahren Regierungsverantwortung erneut zu zeigen, dass Labour „die Welt verändern“ könne. (mit dpa)

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