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Der Leopard - ein heikler deutscher Exportschlager. Foto: Jochen Lübke/dapd

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Politik: Große Koalition des Waffenexports

Saudi-Deal: Schon unter Rot-Grün wurde gesündigt

Berlin - SPD-Chef Sigmar Gabriel sah einen historischen Augenblick: Mit dem Ja zur Lieferung von Kampfpanzern verstoße die Bundesregierung gegen die Richtlinien für Waffenexporte, die Lieferungen in Spannungsgebiete verbieten. „Das ist die erste Bundesregierung in der Geschichte der Bundesrepublik, die das tut“, sagte Gabriel. Ein Blick in die Geschichte deutscher Rüstungsexporte zeigt, dass im letzten Jahrzehnt Rot-Grün wie auch die Große Koalition nicht immer vermieden, Waffen in Konfliktregionen zu exportieren.

Kurz nachdem die rot-grüne Bundesregierung ins Amt kam, wurde heftig über die Frage gestritten, ob Deutschland Leopard-2-Panzer an die Türkei verkaufen sollte und dürfte. Im Jahr 1999 hatte die Regierung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder einen Leopard-Testpanzer an den Bosporus geliefert – politischer Sprengstoff für die noch junge Koalition. Bis zu 1000 deutsche Leopard-2-Panzer wollten die Türken damals haben. Zwar war die Türkei schon damals seit beinahe 50 Jahren Mitglied der Nato. Doch die Grünen bemängelten, dass die Menschenrechtslage im Land und die ungelöste Kurdenfrage Panzerlieferungen verbieten.

Eine Voranfrage des Herstellers Krauss-Maffei Wegmann führte dann zur Zerreißprobe. Der Konflikt innerhalb der Koalition drohte zu eskalieren, das Geschäft kam zunächst nicht zustande. In der Folge wurden die Exportrichtlinien aus dem Jahr 1982 grundlegend überarbeitet und in weiten Teilen verschärft. Schon im rot-grünen Koalitionsvertrag von 1998 war festgelegt worden, dass es jährliche Berichte zum Rüstungsexport geben sollte. Der erste erschien 2000 rückwirkend für 1999.

In den Jahren 2004 und 2005 wurden die Verhandlungen mit der Türkei wieder konkreter, die Widerstände bei den Grünen geringer. Unter der großen Koalition wurde dann geliefert, als Juniorpartner war die SPD nach wie vor dabei. 2006 erhielt Ankara 48 Leopard-2-Panzer für knapp 200 Millionen Euro.

Brisant daran: Im selben Jahr wurden auch 156 schwere Panzer an Griechenland verkauft (60 Leopard-1, 96 Leopard-2). Seit Jahrzehnten ist das Verhältnis zwischen der Türkei und Griechenland angespannt. Zwar sind beide Länder Nato-Mitglied, die ungelöste Zypernfrage heizt den Konflikt allerdings immer wieder an. In den Exportrichtlinien heißt es für solche Fälle, dass Waffenlieferungen an Nato-Partner dann abgelehnt werden könnten, wenn ein „Ausbruch bewaffneter Auseinandersetzungen droht oder bestehende Spannungen und Konflikte durch den Export ausgelöst, aufrechterhalten oder verschärft würden“.

Die Zahlen zeigen: Unter der großen Koalition wurde das Geschäft mit den Waffen insgesamt deutlich angekurbelt. Laut Daten des Stockholmer Friedensinstituts Sipri stieg der deutsche Anteil an den weltweiten Waffenexporten zwischen 2005 und 2009 auf elf Prozent. Ganz oben auf dem Treppchen stehen die USA mit 30 Prozent, dahinter folgt Russland mit 23 Prozent. Binnen fünf Jahren hat Deutschland seine Waffenexporte beinahe verdoppelt. Von 2000 bis 2004 – also zu Zeiten von Rot-Grün – lagen die deutschen Waffenexporte im weltweiten Vergleich bei sechs Prozent. Wichtigste Kunden der Bundesrepublik sind die Türkei, Griechenland und Südafrika.

Mit dem Ende des EU-Waffenembargos im Oktober 2004 stand auch der libysche Machthaber Mohammed Gaddafi auf der deutschen Liste für Waffenlieferungen. Der damalige Außenminister Joschka Fischer (Grüne) hatte für eine Aufhebung des Embargos geworben. 2005 begann Deutschland dann mit Lieferungen an Gaddafi, zunächst im Wert von rund 300 000 Euro, 2006 für 2 Millionen und 2007 für bereits knapp 24 Millionen Euro. Im darauffolgenden Jahr hatte Libyen eine Anfrage im Wert von 132 Millionen Euro gestellt. Geliefert wurde im Umfang von 4 Millionen Euro, der Rest wurde abgelehnt. 2009 stieg der Export mit 53 Millionen wieder erheblich an. Geliefert wurden unter anderem Panzerabwehrraketen, Hubschrauber und Kommunikationstechnik – Ausrüstung, die nun im Kampf gegen die Nato-Truppen bestimmt nicht von Nachteil ist.

Auch andere arabische Länder wurden unterstützt. Die Vereinigten Arabischen Emirate finden sich schon im ersten Bericht von 1999 als Waffenempfänger.

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