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Politik: Große Koalition? Nein, danke!

Die Union sieht Rot-Grün zwar am Ende – in die Regierung einsteigen will sie aber nicht

Berlin Kaum hat sich im Norden der Wind hin zur großen Koalition gedreht, bläst er auch schon den Parteien in Berlin ins Gesicht: Geht von Kiel, wo sich SPD und CDU nun vermutlich zusammenraufen müssen, ein Impuls auch für den Bund aus? Die Problemlage scheint auf den ersten Blick nach einer Aktionsgemeinschaft der großen Parteien zu schreien. Doch nicht nur von den Koalitionären SPD und Grüne wurde solches Ansinnen am Samstag brüsk zurückgewiesen – auch in der Union kann sich kaum jemand mit dem Gedanken anfreunden, sich in einer Art Notgemeinschaft mit der SPD vorzeitig zu verschleißen.

Dabei sind sich alle in der Union im Befund einig, dass das Ende von Rot- Grün naht – nur „wann genau das sein wird, kann ich nicht sagen“, lässt CDU-Chefin Angela Merkel die „Bild am Sonntag“ wissen.

Thüringens CDU-Regierungschef Dieter Althaus verweist auf die Regierungserklärung des Bundeskanzlers: Sie habe gezeigt, „dass Rot-Grün mit seinem Latein am Ende ist“, sagte er dem Tagesspiegel am Sonntag. „Der Bundesregierung fehlt der Mut, die Strukturprobleme Deutschlands anzugehen und Veränderungen auf den Weg zu bringen, die wirklich zu mehr Wachstum und Beschäftigung führen.“ Also – eine große Koalition im Bund? Nein, sagt Althaus: „Eine große Koalition würde in der gegenwärtigen Situation nichts bringen, denn mit dieser SPD lassen sich die Probleme Deutschlands nicht lösen. Dazu ist sie viel zu rückwärts gewandt.“ Was könnte man, so fragt Althaus rhetorisch, mit einem Regierungspartner anfangen, „der aus Angst vor den organisierten Gewerkschaftsinteressen zu jeder Arbeitsmarkt- und Arbeitsrechtsreform Nein sagt?“

So wird in der Union die Parole ausgegeben, sich in Geduld zu üben: „Ich fürchte, die richtigen Weichenstellungen für den Weg aus der Krise lassen sich erst nach der Bundestagswahl 2006 machen – wenn Union und FDP die Bundesregierung stellen“, sagt Althaus. Auch der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber, der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) und der niedersächsische Regierungschef Christian Wulff (CDU) reihen sich in die Front der Ablehner einer großen Koalition ein und verweisen auf das Jahr 2006.

Ungeduldiger zeigt sich der potenzielle Koalitionspartner der Union. Vielleicht steckt dahinter auch ein Fünkchen Misstrauen, dass bei einem weiteren Niedergang von Rot-Grün die Option einer großen Koalition doch noch einmal aktuell werden könnte und die Liberalen bei einem veränderten Fahrplan den Zug verpassen könnten. FDP-Parteichef Guido Westerwelle und Fraktionschef Wolfgang Gerhardt sprachen sich deshalb schon einmal für Bundestags-Neuwahlen für den Fall aus, dass bei der Landtagswahl am 22. Mai in Nordrhein-Westfalen Rot-Grün fallen sollte. Deutschland könne sich eine Fortsetzung der Hängepartie nicht leisten, so die Argumentation mit Hinweis auf die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat.

Doch dort würden die unionsgeführten Länder selbst im Falle einer Machtübernahme in Düsseldorf noch immer nicht die gestaltende Zwei-Drittel-Mehrheit erreichen. Dazu hätte es in Schleswig-Holstein eines durchschlagenderen Wahlerfolges mit einer CDU-Alleinregierung oder einer CDU/FDP-Koalition bedurft. Dennoch – selbst wenn die Debatte über die große Koalition zunächst wieder verstummen sollte: Nach der NRWWahl wird sie vermutlich heißer denn je geführt werden.

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