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Große Koalition: Union mahnt bei SPD mehr Verlässlichkeit an

Zwischen Union und SPD breitet sich zunehmend Missstimmung über die Zusammenarbeit in der großen Koalition aus. Die vielbeschworene Einigkeit der Anfangszeit scheint zu schwinden.

Berlin - Die Unions-Fraktionsspitze mahnte am Dienstag nach dem Tauziehen um die Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre den SPD-Vorsitzenden Matthias Platzeck zur Koalitionsdisziplin. Die selbe Forderung hatte der SPD-Chef am Vorabend pauschal an die Union gerichtet.

Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU- Bundestagsfraktion, Norbert Röttgen (CDU), sagte am Dienstag in Berlin: «Berechenbarkeit und Verlässlichkeit sollten Markenzeichen der Bundesregierung bleiben.» Röttgen bestätigte auf Nachfrage indirekt, dass in der Unionsspitze Unverständnis über Platzeck herrscht, weil er sich nicht energischer dafür einsetze, einmal getroffene Beschlüsse des Kabinetts auch tatsächlich umzusetzen.

Röttgen erinnerte daran, dass Platzeck bereits vor Wochen im Zusammenhang mit der Debatte über die Familienpolitik für sich das Recht auf «Erkenntnisfortschritte» reklamiert habe. Damals hatte Platzeck dafür plädiert, von dem gerade auf der Kabinettsklausur in Genshagen gefassten Beschluss zur steuerlichen Absetzbarkeit der Kinderbetreuung abzuweichen. Der Parlamentarische Geschäftsführer merkte nun in Richtung Platzeck an, wenn dieser seine Erkenntnisfortschritte in eine «gute Reihenfolge» bringe, führe dies «zu einer weiteren Optimierung des Koalitionshandelns».

Aktueller Anlass für die Mahnung war die Diskussion im SPD- Präsidium über die Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre schon bis 2029. Dies war in der Vorwoche vom Bundeskabinett auf Vorschlag von SPD-Arbeitsminister Franz Müntefering im Grundsatz beschlossen worden. Aus der SPD kamen Kritik an diesem Plan und Nachbesserungswünsche.

Nicht bestätigt wurde der dpa eine Meldung der «Berliner Zeitung»: Das Blatt hatte berichtet, dass sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag in der Sitzung der CDU-Führungsgremien über Platzecks Wankelmut in der Familien- und Rentenpolitik beklagt habe. Es habe in der Sitzung vielmehr bereits der «allgemeine Eindruck» geherrscht, dass die SPD-Führung sich zu wenig an einmal getroffene Beschlüsse halte, hieß es aus Teilnehmerkreisen. Merkel habe Platzeck aber nicht direkt angesprochen.

Auf dem Neujahrsempfang der SPD-Bundestagsfraktion am Montagabend hatte Vizekanzler Müntefering die große Koalition zum Zusammenhalt gemahnt. Die Zusammenarbeit von Union und SPD sei richtig und gut, «damit wir vier Jahre lang erfolgreiche Arbeit leisten können», sagte der ehemalige SPD-Chef und jetzige Bundesarbeitsminister. Klein karierte Streitereien führten nicht weiter.

Platzeck hatte hingegen mit Blick auf den Koalitionspartner CDU/CSU gesagt: «Wenn man zu lange auf dem Sonnendeck ist, kriegt man einen Sonnenbrand.» Zuletzt gab es Kritik aus der SPD, die Union glänze mit beliebteren Themen. Zu Gast beim SPD-Neujahrsempfang waren erstmals Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) und CSU- Landesgruppenchef Peter Ramsauer.

Röttgen unterstrich, dass die Unionsfraktion nun zunächst Münteferings Gesetzentwurf zur Anhebung des Renteneintrittsalters abwarten wolle. Die Abgeordneten hielten aber den Kabinettsbeschluss für richtig. (tso/dpa)

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