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Große Koalition: Wiener Regierung nimmt Konturen an

Während sich die SPÖ bei der Besetzung ihrer Ministerposten in der großen Koalition noch bedeckt hält, sind viele neue Gesichter bei der ÖVP die alten. Einen Rückzug angekündigt hat dagegen Noch-Kanzler Schüssel.

Wien - Die rot-schwarze Koalition in Österreich ist endgültig besiegelt. Zugleich gab der noch amtierende Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (61) überraschend seinen Rücktritt als Parteivorsitzender der ÖVP bekannt. Nach der konservativen Volkspartei (ÖVP) stimmte auch der Vorstand der Sozialdemokraten (SPÖ) in Wien für ein Regierungsbündnis beider Parteien. ÖVP und SPÖ hatten bei der Wahl am 1. Oktober 2006 zusammen knapp 70 Prozent der abgegebenen Stimmen gewonnen.

Schüssel, der auch kein Ministeramt in der SPÖ-geführten Regierung übernehmen will, sagte zur Begründung: "Wer minus acht Prozent verliert am 1. Oktober, hat dafür die Verantwortung zu übernehmen." Sein geschäftsführender Nachfolger ist der bisherige ÖVP-Fraktionsvorsitzende Wilhelm Molterer (51), dessen Amt wiederum Schüssel übernehmen will. Molterer wird im Kabinett des designierten SPÖ-Bundeskanzlers Alfred Gusenbauer Finanzminister und Vizekanzler. Offiziell soll ein Nachfolger Schüssels als Vorsitzender der Volkspartei im April gewählt werden.

Grasser: "Sieben Jahre sind genug"

Nicht weniger überraschend als Schüssels Rücktritt vom ÖVP-Vorsitz kam am Morgen auch der Rückzug von Finanzminister Karl-Heinz Grasser (38), der zuvor als Finanzminister und sogar als Vizekanzler für die ÖVP gehandelt worden war. "Sieben Jahre sind genug", betonte der nicht unumstrittene Politiker, der mit der Tiroler Kristall-Erbin Fiona Swarowski verheiratet ist. Grasser, der der Regierung Schüssel seit Februar 2000 angehörte, war immer wieder durch verschiedene "Unregelmäßigkeiten" bei seiner Amtsführung, aber auch durch seine Beziehung zu Swarovski in die Schlagzeilen gekommen.

Wenige Stunden nach der ÖVP stimmte auch der SPÖ-Vorstand dem am Vortag beschlossenen Koalitionsvertrag mit einer Dreiviertel-Mehrheit zu. Wer für die Sozialdemokraten künftig im Kabinett des designierten Kanzlers Gusenbauer sitzen wird, soll jedoch erst an diesem Mittwoch bekannt gegeben werden. Bei den Sozialdemokraten wurde der Rückzug Grassers und Schüssels mit Erleichterung registriert. Beide galten als potenzielle Störfaktoren in einer künftigen Koalitionsregierung.

ÖVP: Minister Plassnik, Bartenstein und Pröll sollen bleiben

Die ÖVP-Führung nominierte neben Molterer (Finanzministerium) unter anderem auch die bisherige Außenministerin Ursula Plassnik erneut für das neue Kabinett. Sie soll ebenso im Amt bleiben wie Wirtschaftsminister Martin Bartenstein und Landwirtschaftsminister Josef Pröll. Neuer Innenminister wird der bisherige ÖVP-Verteidigungsminister Günther Platter.

Ungeachtet der Vorstandsbeschlüsse beider Parteien kam es in Wien zu Protestkundgebungen unzufriedener SPÖ-Anhänger. Bei Demonstrationen vor dem Parlament und der SPÖ-Zentrale warfen sie Gusenbauer vor, Wahlversprechen gebrochen zu haben. (tso/dpa)

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