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Politik: Große Schuhe für den Neuen

Bremen - Als Jens Böhrnsen am Samstagabend in die Bremer SPD-Zentrale eilt, strahlt er wie ein glücklicher Sieger. Der Chef der SPD-Bürgerschaftsfraktion hat gerade per Handy erfahren, dass er das Duell mit Bildungssenator Willi Lemke um die Nachfolge von Bürgermeister Henning Scherf klar gewonnen hat.

Bremen - Als Jens Böhrnsen am Samstagabend in die Bremer SPD-Zentrale eilt, strahlt er wie ein glücklicher Sieger. Der Chef der SPD-Bürgerschaftsfraktion hat gerade per Handy erfahren, dass er das Duell mit Bildungssenator Willi Lemke um die Nachfolge von Bürgermeister Henning Scherf klar gewonnen hat. Doch als er später vor die Presse tritt, lächelt er eher gequält. Dem 56-Jährigen ist wohl klar geworden, was auf ihn zukommt: „eine Riesenherausforderung“, wie er sagt. Wilhelm Kaisen, Hans Koschnick, Henning Scherf – drei Bürgermeister sind in die Bremer Geschichte eingegangen. „Das sind ganz große Schuhe, die da stehen“, weiß Böhrnsen.

Große Schuhe hatte ihm auch sein Vater hinterlassen. Gustav Böhrnsen wurde von den Nazis verfolgt, führte 25 Jahre lang den Betriebsrat der Großwerft „AG Weser“ und war auch mal vier Jahre lang SPD-Fraktionschef. Die Mutter engagierte sich ebenfalls in der Partei. Mit 18 wurde auch Sohn Jens Genosse. Als der Kriegsdienstverweigerer 1968 sein Jurastudium in Kiel begann, zählte er dort zur Minderheit der Arbeiterkinder. Am Verwaltungsgericht Bremen brachte er es bis zum Kammervorsitzenden. 1995 zog es ihn ins Parlament: Der „geborene und begeisterte Bremer“ wurde Bürgerschaftsabgeordneter, vier Jahre später Fraktionschef. Seither übte er sich im Spagat: Einerseits trug er im Koalitionsausschuss die Arbeit der Koalition mit, andererseits trat er beständig als ihr Kritiker auf und forderte mehr soziale Gerechtigkeit beim Sparen.

Solide, sympathisch, smart: Das sind weitere Eigenschaften, die dem stets gut gekleideten Theater-, Musik- und Fußballfreund zugeschrieben werden. Böhrnsen (eine Ehefrau, zwei erwachsene Kinder, drei Katzen) mag zwar ein Schwiegermutter-Traum sein, als Menschenfänger wie Scherf oder Lemke ist er bisher nicht hervorgetreten. Doch muss das nicht so bleiben: Beim Kandidatenduell sprach er viel stärker als sein Konkurrent Lemke die sozialdemokratische Seele an. „Das Ziel einer Koalition ist kein Vereinigungsparteitag“, sagt Böhrnsen – eine Anspielung auf Scherfs Schmusekurs.

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