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Politik: Große und kleine Baustellen

Am Montag tagt der Koalitionsausschuss

Berlin - Wenn der Tag der Arbeit zu Ende geht und die Teilnehmer der Gewerkschaftsdemonstrationen längst den Heimweg angetreten haben, will die große Koalition in Berlin zeigen, dass sie die Ärmel aufkrempeln kann. Im Kanzleramt kommen um 20 Uhr am Abend des 1. Mai die Spitzen des schwarz-roten Regierungsbündnisses zusammen, um eine Reihe strittiger Themen zu besprechen. Es ist die dritte Sitzung des Koalitionsausschusses, an dem neben Kanzlerin und Vizekanzler, den Partei- und Fraktionsvorsitzenden von SPD, CDU und CSU für gewöhnlich auch die Generalsekretäre sowie die ersten parlamentarischen Geschäftsführer teilnehmen.

Zu den Hauptstreitpunkten zählt das Elterngeld. Im Koalitionsvertrag war vorgesehen, dass berufstätige Eltern nach der Geburt eines Kindes ein Jahr lang 67 Prozent des Nettogehalts des Partners erhalten, der die Betreuung übernimmt (maximal 1800 Euro pro Monat). Gezahlt werden sollte nur dann das ganze Jahr, wenn auch die Väter mindestens zwei Monate zu Hause bleiben. In diesen so genannten Vätermonaten sah die CSU eine Bestrafung von Familien, in denen die Rollen konventionell verteilt sind. Die Christsozialen setzten in der Union deshalb eine Ausweitung auf 14 Monate durch. Doch die SPD will das Unionsmodell „zwölf plus zwei Partnermonate“ nur mittragen, wenn der vorgesehene Finanzierungsrahmen von vier Milliarden Euro nicht überschritten wird, wie ihr kommissarischer Vorsitzender Kurt Beck deutlich machte. „Die Summe ist fest“, sagte er der „Berliner Zeitung“. Die SPD wiederum will entgegen der ursprünglichen Intention durchsetzen, dass das Elterngeld (Sockelbetrag 300 Euro) nicht mit dem Arbeitslosengeld II verrechnet und auch an Alleinerziehende 14 Monate ausgezahlt wird.

Umstritten ist auch die so genannte Reichensteuer . Ab 1. 1. 2007 sollen Bezieher von Jahreseinkommen von mehr als 250 000 Euro (Verheiratete 500 000) einen dreiprozentigen Steuerzuschlag zahlen, gewerbliche Einkünfte ausgenommen. Die Unterscheidung zwischen privaten und gewerblichen Einkünften ist aus Sicht der Regierung aber verfassungsrechtlich bedenklich. Die Union will die Reichensteuer deshalb mit der 2008 geplanten Unternehmenssteuerreform einführen. Damit könnte sich die Unterscheidung zwischen privaten und gewerblichen Einkommen erledigen. Die SPD besteht jedoch auf einer Einführung 2007. Die Koalition kann das Thema eigentlich nicht auf die lange Bank schieben, weil die Reichensteuer Bestandteil der Steuergesetze zur Konsolidierung des Haushaltes 2007 ist. Und die will das Kabinett am Mittwoch beschließen.

Dringender Handlungsbedarf besteht auch bei der geplanten Kürzung der Pendlerpauschale , die ebenfalls im Steueränderungsgesetz festgeschrieben werden soll. Bisher wollte die Koalition die Pauschale für die ersten 20 Kilometer ganz abschaffen, aber auch hier wurden verfassungsrechtliche Bedenken laut. Möglich wäre, die Pauschale von derzeit 30 Cent entfernungsabhängig auf 15 oder 20 Cent zu kürzen. Der neue SPD-Chef Kurt Beck, Ministerpräsident des Flächenlandes Rheinland-Pfalz, will die Pendler ohnehin nur ungern zur Kasse bitten.

Auf der größten Baustelle von Schwarz-Rot, der Gesundheitsreform , wird die Koalition am Montagabend wohl keinen durchschlagenden Erfolg erzielen. Mit einer Einigung wird angesichts der schwer zu vereinbarenden Positionen frühestens Anfang Juni gerechnet. Die Forderung von Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) nach einer „kleinen Kopfpauschale“ und einem radikalen Umbau bei den Finanzströmen der gesetzlichen Kassen („Fonds-Modell“) stößt bei vielen Sozialdemokraten auf vehementen Widerstand. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD), die Sympathien für Kauders Pläne hatte erkennen lassen, steht hier wohl nicht für die Mehrheit in ihrer Partei. Für die Koalition geht die Arbeit an der Gesundheitsreform also erst richtig los, wenn der Tag der Arbeit vorbei ist.

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