zum Hauptinhalt

Politik: Großer Auftritt

Bei der Regierungsbildung zogen die Mitglieder des provisorischen Rats an einem Strang – und sicherten ihren Einfluss

Die Mitglieder des provisorischen irakischen Regierungsrats haben in der Debatte um die Bildung einer Übergangsregierung eine bisher ungekannte Einheit bewiesen. Doch dahinter steckt in vielen Fällen ein großes Eigeninteresse: Zwar wurde der Rat am Dienstag nach der Ernennung eines neuen Kabinetts aufgelöst, aber es gibt doch ein großes Maß an Kontinuität. Die Regierung setzt sich erneut proporzmäßig zusammen, die großen Exilparteien haben drei Schlüsselministerien unter ihrer Kontrolle. Die Frage ist, ob das neue Kabinett, das in der Zusammensetzung dem provisorischen Rat so sehr ähnelt, das Vertrauen der Iraker gewinnen kann – denn die Ratsmitglieder hatten bis auf wenige Ausnahmen keinen Rückhalt in der irakischen Bevölkerung.

Überraschend hatte der Rat das Heft am Freitag in die Hand genommen. Wartete die Welt seit Wochen darauf, dass der UN-Gesandte Brahimi seine Vorschläge für die höchsten Staatsämter und die Verteilung der Ministerämter vorlegt, so präsentierte der provisorische Rat am Freitag seinen eigenen Kandidaten: Ijad Allawi. Am Montag begann dann das Tauziehen zwischen den USA, die den 81-jährigen Adnan Pachachi als Präsidenten sehen wollten, und dem provisorischen Rat, der Ghasi al Jawar bevorzugte. Damit hat der Rat deutlich gemacht, dass er es mit der Souveränität des Landes ernst meint. Entscheidend wird jedoch sein, ob die neue Regierung die Sicherheitslage verbessern kann, was kurzfristig unwahrscheinlich erscheint. Auch ist bisher nicht klar, wie viel Macht die neue Regierung tatsächlich haben wird. Der künftige Präsident, der den Entwurf für eine neue UN-Resolution zum Irak zuvor scharf kritisiert hatte und damit den Argwohn Washingtons auf sich gezogen hatte, forderte unmittelbar nach seiner Nominierung die „volle Souveränität“ für sein Land. Mit der derzeit diskutierten Resolution müsse der Irak wieder das umfassende Selbstbestimmungsrecht bekommen. Ob dies auch das Recht umfassen soll, die Koalitionstruppen des Landes zu verweisen, ließ al Jawar offen.

Als kurios wurde von politischen Beobachtern die Rolle der UN bei der Regierungsbildung bewertet. Eigentlich war der Sondergesandte Lakhdar Brahimi seit Wochen zu Konsultationen im Irak unterwegs. Dies sollte die Legitimität der Regierung erhöhen. Außerdem sollte damit die Rückkehr der UN in den Irak eingeläutet werden. Doch der provisorische Rat zeigte mit seiner Ernennung eines Premiers, dass man die UN nicht braucht – und wohl auch nicht will. Bei der Wahl des Präsidenten stand der Gesandte zudem auf Seiten der USA und stellte sich gegen den Rat. Seinen Wunsch, eine „Technokratenregierung“ einzusetzen, konnte Brahimi am Ende nicht druchsetzen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false