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Politik: Großer Krach um große Koalition

Schröder und Müntefering fordern Ruhe vor der Wahl / Auch Union und FDP streiten

Von
  • Robert Birnbaum
  • Hans Monath

Berlin - Die SPD-Spitze versucht die ausufernde Debatte über eine große Koalition einzudämmen. Bundeskanzler Gerhard Schröder rief am Montag die eigene Partei dazu auf, vor dem Wahltag „von Koalitionsdebatten Abstand zu nehmen“. Er wolle seine Arbeit im Bündnis mit den Grünen fortsetzen, sagte Schröder der „Financial Times Deutschland“. SPD- Chef Franz Müntefering nannte in einem Schreiben an Spitzenfunktionäre der Partei alle Spekulationen über ein Bündnis aus SPD und CDU „kontraproduktiv“. Die gegenwärtige „Stimmung pro Gerhard Schröder als Bundeskanzler“ dürfe nicht wieder gefährdet werden.

Wie Schröder nannte auch Müntefering als Wahlziel, die SPD zur stärksten Partei zu machen, damit sie mit Schröder wieder den Kanzler stellen könne. Am Wochenende hatte sich eine Reihe von SPD-Spitzenpolitikern offen für eine große Koalition gezeigt. Am Montag sagte auch Innenminister Otto Schily, man dürfe sich der Option eines Bündnisses der zwei Volksparteien „nicht von vornherein widersetzen“.

Massive Kritik an der Debatte übte Grünen-Spitzenkandidat Joschka Fischer. Angesichts der wieder besseren Umfragewerte laufe ein „Kniefall“ vor der Union auf eine „Selbstschwächung der SPD“ hinaus. Unverständnis äußerte auch der frühere SPD-Bundesgeschäftsführer Matthias Machnig. „Man kann nicht wie die SPD eine Richtungsentscheidung ausrufen und dann über Koalitionen fabulieren“, sagte Machnig dem Tagesspiegel. „Farbspielereien“ desorientierten die eigenen Wähler. Es müsse jetzt um Inhalte gehen und nicht um Positionen Einzelner „in welchem Kabinett auch immer“.

Irritationen über die Wahlkampfführung gibt es angesichts der Pannenserie bei der CDU auch im bürgerlichen Lager. FDP-Präsidiumsmitglied Hermann Otto Solms wies Angriffe aus CDU und CSU auf die FDP als „Ablenkungsmanöver“ zurück. „Es lag nicht an der FDP, dass diese Unruhe entstanden ist in der letzten Woche“, sagte er. Dem brandenburgischen Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) legte er nahe, nach seinen Kommentaren zu den Babymorden in Brieskow seiner „Verantwortung gerecht“ zu werden. Solms wies zugleich Umfragen als nicht aussagekräftig zurück, in denen die FDP bei sechs Prozent gesehen und Parteichef Guido Westerwelle mangelnder Rückhalt in den eigenen Reihen attestiert wurde.

CSU-Landtagsfraktionschef Joachim Herrmann warnte die Union davor, sich vom politischen Gegner die Themen diktieren zu lassen. Die Union dürfe „keinen Tag davon ablassen“, das Thema Arbeitslosigkeit in den Vordergrund zu stellen, sagte er dem Tagesspiegel. Die SPD wolle mit ihrem „dummen Gerede“ über eine große Koalition nur davon ablenken, dass die rot-grüne Regierung „auf keinen Fall“ eine Mehrheit bekomme.

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